Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Durch die Namib Wüste über Soltaire, Soussusvlei und Schloss Duwisib nach Lüderitz

In der Namib ist viel Platz
Steinmännchen am Wegesrand

Auf einer staubigen Piste verlassen wir das hübsche Swakopmund und fahren zurück in die glühend heiße Wüste. Die Lüftungsöffnung des Kühlschrankes haben wir abgeklebt, ebenso die Schiebefenster über unserem Bett. So hoffen wir, den Innenraum einigermaßen staubfrei zu halten. Unser Ziel ist das 270 km entfernte Camp Solitaire.

Unterwegs stoppen wir oft, um Fotos zu machen. Bei einer dieser Pausen stellen wir fest, dass wir eine Tröpfelspur hinterlassen. Die Ursache ist schnell gefunden. Unser unter dem Auto angebrachter Wassertank hat sich durch das Gerüttel auf der Wellblechpiste aus seiner Verankerung gelöst, hängt aber noch unter dem Auto. Glück gehabt, wäre er ganz abgefallen und wir über ihn gefahren, hätten wir ein massives Problem gehabt. Wir lassen alles Wasser ab, können aber ohne Werkzeug nicht viel mehr machen. Glücklicherweise sieht unser Guide York von einem nahegelegenen Aussichtspunkt aus, dass wir ein Problem haben und fährt zu uns zurück. Ohne Handyempfang ist man sonst auf die Hilfe vorbeikommender Fahrzeuge angewiesen. Mit einer Wasserrohrzange gelingt es York und Peter, den Tank abzubauen und wir können weiterfahren.

Der Wassertank ist abgebaut, nun geht es weiter
Die Botschaft auf dem Stein macht uns nach der Panne Mut!
Es wird bergig!
Etwas Grün in der Wüste
Die Straße schlängelt sich durch die kargen Berge
Der Canyon des Kuiseb

Im Kuiseb Canyon haben sich Henno Martin und Hermann Korn, zwei junge deutsche Geologen, zwei Jahre lang versteckt, um einer Internierung während des zweiten Weltkriegs zu entgehen. Ihr unglaubliches Überleben in dieser lebensfeindlichen Umgebung schildern sie in dem Buch „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“.

Unser Navi flippt aus und versucht uns über einen Umweg von 1226 km zu führen!
Am südlichen Wendekreis

Nach der Mittagspause (im Auto, wegen der glühenden Hitze!) passieren wir den Wendekreis des Steinbocks (Capricorn). Am südlichen Wendekreis steht die Sonne an der Sommersonnwende (21.12.) im Zenit.

Eien Herde von Oryx Gazellen quert vor uns die Straße

Nach 270 km einsamer Sand und Kiespiste erreichen wir wohlbehalten Solitaire. Hier gibt es einen Laden, eine kleine Lodge mit Cafe mit leckerem Apfelkuchen, eine Kirche und einen wunderschön gelegenen Campingplatz. Und natürlich so lebenswichtige Dinge  wie Wasser und eine Tankstelle sowie ein Flugfeld.

Am Abend befestigt Solomon (unser mitreisender Mechaniker) unseren Tank wieder. Er hat heute gut zu tun: zwei abgesprungene Diesel Zuleitungen, ein geplatzter Reifen, ein geplatzter Wasserschlauch und unser Tank. Man kann sich vorstellen, wie die Piste aussah. Wir erleben einen schönen Abend mit tollem Sonnenuntergang und Sternenhimmel.

Solitaire
Kirchlein in Solitaire
Einfahrt zum Campingplatz
Unser Platz
Solitaire International Airport
Abendlicher Ausblick beim Sundowner

Von Solitaire sind es nur noch 90 km Piste bis Sesriem, dem touristischen Tor zum Soussusvlei und zum Deadvlei. Eine Vlei ist die Endpfanne eines vertrocknenden Flusses, nämlich eine Salztonebene in einer Senke. Beide Vleis haben wir bei unserem Rundflug schon aus der Luft gesehen.

Unterwegs begegnen wir einem Scraper. Der schabt die Oberfläche der Wellblechpiste ab, so dass sie wieder glatter und besser zu befahren ist. Das macht die Weiterfahrt deutlich angenehmer. 

Auf dem Campingplatz stehen wir schön schattig unter einem großen Baum. Das nützt aber auch nichts, denn auch im Schatten ist es glühend heiß. Der heiße Wind, der von der Wüste ins Camp weht hilft auch nicht bei der Abkühlung. Nachmittags steigen wir noch in den Sesriem Canyon hinab, bereuen das aber, denn es ist glutheiß und wir sind danach beide kurz vor einem Hitzschlag.

Begegnung mit einem Scraper!
Erste Sanddünen in Sicht!
Warnung vor einem Cattle Grid
Camping in Sesriem
Glutheißer Sesriem Canyon

Zu den Dünen und zum Deadvlei starten wir am nächsten Morgen um 5:30, eine Stunde vor Sonnenaufgang, sobald das Gate des Namib-Naukluft Nationalparks öffnet. Unsere Reisekollegen fahren geschlossen zur Düne 45, um von dort den Sonnenaufgang zu beobachten. Wir dagegen fahren gleich zum 60 km entfernten Deadvlei Parkplatz, wo man in einen Geländewagen umsteigen muss. Wir sitzen (alleine!) im ersten Geländewagen zum Deadvlei und laufen dann über die Dünen zum Vlei, das wir ganz für uns haben. Eine Herde Oryx verschwindet über die Dünen und es ist noch empfindlich kalt. Der Schatten der 300 m hohen Düne Big Daddy hebt sich ganz langsam und das Tal kommt immer mehr in die Sonne. Eine mystische Stimmung, auch dank der Einsamkeit. Die toten Bäume, die hier stehen sind 1000 Jahre alte Kameldornbäume, Zeugen besserer Zeiten. Der Tsauchab Fluß, der sie einst wachsen ließ, ist seit 900 Jahren versiegt, so dass die Bäume verdorrten und die Wüste übernahm.

Wir haben viel Zeit für die schöne Stimmung und um in Ruhe Fotos zu machen, bevor die Leute allmählich ankommen. Zum Abschluss klettern wir noch auf eine Düne, um die Aussicht zu genießen!

Fotografieren im Vlei
Die Sonne erreicht den Talboden
Wir sind nicht mehr alleine...
Blick zurück aufs Vlei
Ein Vlei in einem Seitental

Anschließend geht es noch 180 km Piste weiter zum heutigen Tagesziel: Schloss Duwisib, bzw. die dortige Gästefarm. Offensichtlich hat es auf der Hochfläche hinter dem Zaris Pass ganz lokal heftig geregnet, denn die Straße ist teilweise überschwemmt. Wir wissen, dass wir nicht das erste Fahrzeug auf der Strecke sind und fahren daher einfach durch. Schließlich haben es die Fahrzeuge vor uns auch geschafft.

Auf dem Weg zum Zaris Pass. Das Schild warnt vor Überflutungen!
Blick zurück vom Zaris Pass (1630m)
Occasional Flooding!
Die letzten 17 km sind wellig!
Schloss Duwisib

Schloss Duwisib ist für namibische Verhältnisse lieblich gelegen, denn es gibt sogar Bäume in der Umgebung. Das Schloss wurde 1908 im Auftrag des deutschen Hauptmann Hans Heinrich von Wolf im Stil des Historismus aus dem roten Stein der Gegend erbaut. Er hatte eine reiche Amerikanerin geheiratet und züchtete hier Pferde. Der erste Weltkrieg bereitete dem schönen Leben in Namibia ein Ende. Der Hauptmann fiel 1916 in Frankreich, seine Frau kehrte nie wieder hierher zurück.

Heute gehört das Herrenhaus dem namibischen Staat und wurde 1991 umfassend renoviert. Leider können wir es nicht von innen besichtigen, obwohl es offiziell noch geöffnet sein sollte. Das Personal hat einfach früh Schluss gemacht, schließlich ist Freitag!

Blick von der Farm zum Schloß
Das heutige Farmhaus, die alte Schmiede

Die Gästefarm und der zugehörige kleine Campingplatz liegen direkt neben dem Schloss. Man hat einen schönen Ausblick und es gibt sogar einen kleinen Pool. Der tolle Tag findet mit einem gemeinsamen Abendessen in der „Alten Schmiede“ einen gelungenen Abschluss. Der alte Farmer erzählt sehr interessant aus seinem Leben. Die Familie (bestehend aus seiner Frau und ihm, dem Sohn und der Schwiegertochter und den Enkeln) besitzt 60 km² Land, das reicht aber für die 109 Rinder und 1600 Schafe nicht aus, er muss Land dazu pachten und zwar je nach Regenmenge bis zu 40 km2. Wieviel entscheidet sich um Kaisers Geburtstag (27.1.) herum. Hat es bis dahin nicht geregnet, muss es mehr Land sein oder es heißt Vieh verkaufen. Der Regen fällt wohl auch sehr lokal, d.h. beim Nachbarn regnet es unter Umständen, bei ihm aber wie seit einem Jahr überhaupt nicht. Zum Einkaufen sind es 200 km einfach, aber nicht auf Teer, nein auf Kies oder Sandpiste. Die Enkel unterrichtet seine Frau bis zur 4. Klasse, dann müssen sie aufs Internat nach Mariental (200 km weg). Interessant aber etwas undurchsichtig sind seine Berichte über die Zeit der südafrikanischen Besatzung, den Angolakrieg (den die Südafrikaner von namibischem Boden aus geführt haben) und die neuere namibische Geschichte.

Abendessen
Papp mit Dip als Vorspeise
Der Farmer erzählt, die Köchin serviert

Die Familie hat neun (schwarze) Bedienstete: 6 Männer für die Farm und drei Frauen für den touristischen Betrieb. Die schwarze Köchin serviert mit viel Gelärme sehr leckeres Kudu Gulasch und einen Auflauf namens Bobotie. Bei jedem Kontakt mit uns Gästen macht sie einen Knicks. Auf dem Heimweg zu unseren Mobilen bestaunen wir den Sternenhimmel: man sieht das Kreuz des Südens, die Milchstraße und den Magellannebel.

Über Helmeringhausen geht es weiter Richtung Lüderitz. In Helmeringhausen, einem Straßendorf bestehend aus einer Tankstelle, einem Laden, einem Hotel und einigen wenigen Häusern machen wir Pause und essen im grünen Hotelgarten einen sehr leckeren Apfelkuchen. Mit frischer Kraft geht es wieder zurück auf die Piste. Bei Aus erreichen wir die geteerte B4, die uns in 125 km und 1000 Höhenmetern hinab nach Lüderitz führen wird.

Hinweis zu Kaffee und Kuchen in Helmeringhausen
Tankstelle in Aus
Es gibt eine Bahn von Aus nach Lüderitz
Tolle Tourist Info für so einen kleinen Ort

Bei einem Abstecher nach Garub sehen wir tatsächlich eine kleine Gruppe der Namib Wildpferde sowie einige Oryx und Strauße am dortigen Wasserloch. Über die Herkunft Namib Wildpferde gibt es verschiedene Theorien. Es könnte sich um Pferde handeln, die die deutsche Schutztruppe 1915 auf dem Rückzug frei gelassen hat. 1915 sind auch den südafrikanischen Soldaten während eines deutschen Luftangriffs ca. 1700 Pferde entlaufen. Dazu kommen entlaufene Pferde aus der ehemaligen Pferdezucht in Schloss Duwisib. In den Bergen um Aus fanden sie natürliche Wasserquellen und ein, auch dank der Diamanten Sperrgebiete, von Menschen unberührtes Gebiet. Wegen der zunehmenden Trockenheit wird das Überleben für sie aber immer schwieriger.

Abstecher zu einer Wasserstelle für die Wildpferde
Da ist die Wasserstelle!
Salz zum Lecken und Wasser wird von allen gerne angenommen
Über 125 km geht es 1000 Höhenmeter bergab nach Lüderitz

Lüderitz (ca. 16.000 Einwohner) wirkt verschlafen und bietet wenig, bis auf einige Kolonialbauten aus deutscher Zeit. Die Umgebung ist trostlose Wüste, aber die Lage des Campingplatzes auf einer Halbinsel direkt unterhalb des Leuchtturms ist wunderschön und die Brandung spektakulär.

Allerdings hat der Ort, an dem der Campingplatz liegt, eine schreckliche Vergangenheit. Hier auf der Haifischinsel befand sich 1905 ein Konzentrationslager, in das aufständische Herero von den Deutschen aus dem Landesinneren verschleppt wurden. Für diese Menschen aus dem heißen Landesinneren war schon die feuchte Kälte an der Küste schrecklich, nicht zu reden von der Zwangsarbeit an der Eisenbahnlinie und der Knappheit an Nahrung. Die Zustände im Lager waren unter den Herero als so schrecklich bekannt, dass Gefangene lieber Selbstmord begingen, als nach Lüderitz deportiert zu werden.

Die Haifischinsel heute
Leuchtturm und Gedenkstein für die Toten mitten auf dem Platz
167 Männer, 97 Frauen und 66 Kinder sind hier gestorben

Bei unserer Ankunft ist es kühl und neblig, am nächsten Morgen strahlt dafür die Sonne. Wir besichtigen ausführlich die Geisterstadt Kolmannskuppe. Hier begann 1908 mit dem zufälligen Fund eines Diamanten beim Eisenbahnbau das Diamantenfieber. Die Deutsche Diamanten Gesellschaft hatte das Sagen und baute die Siedlung. In der Blüte lebten hier 300 deutsche Fachleute mit ihren Familien auf hohem Niveau. Eisfabrik, Schlachterei, Bäcker, Schule, Bahnhof, Gasturbinenanlage zur Stromerzeugung, Krankenhaus mit Röntgengerät, eine Mehrzweckhalle mit Turngeräten und großer Bühne, auf der eigens aus Deutschland angereiste Musik und Theaterensembles auftraten. Eine richtige Mine gab es nicht, die Diamanten waren direkt an der Oberfläche im Sand zu finden und mussten nur ausgesiebt bzw. eingesammelt werden. 1938 wurde die Anlage geschlossen, die Suche verlagerte sich nach Oranjemund. Zwischen 1908 und 1915 wurden 5 Millionen Karat Diamanten bester Qualität gefunden. Noch heute ist die Gegend ein Diamanten Sperrgebiet!

Anfahrt nach Kolmannskuppe
Ein Geist? Nein, es ist Schwester Francoise-Dorothee

Die Teleaufnahme der „Geisterschwester“ vor dem Buchhalterhaus hat Konsequenzen. Um schnell das Foto machen zu können, legt Peter sein Telefon auf einer Brüstung im Direktorenhaus ab. Danach laufen wir 10 min durch Hitze und Sand zurück zum Auto. Dass das Handy fehlt, merkt Peter erst, als wir schon fast zurück in Lüderitz sind. Also umgedreht und schnell wieder zurück. Glücklicherweise kommt uns die Nonne bereits auf dem Parkplatz mit dem Handy in der Hand entgegen. Auf Peters Dank entgegnet sie, dass sie zu danken hat, weil sie ihm helfen konnte und ihr das eine große Freude bereitet hat. Uns auch, denn uns blieb ein weiterer Fußmarsch bis zum Direktorenhaus am Ende der Siedlung erspart.

Bei einem weiteren zufälligen Treffen später am Tag erfahren wir mehr über Schwester Francoise-Dorothee. Sie ist Schweizerin und arbeitet seit vielen Jahren in einem Waisenhaus in Springbok in Südafrika. Bereits gestern sind sie und ihren beiden Reisegefährtinnen uns an der Tankstelle in Aus aufgefallen: drei Frauen mittleren Alters, die mit einem Toyoto mit Dachzelt unterwegs sind.

Bahnhof in Lüderitz
Beim Abspülen auf Shark Island

Am Nachmittag machen wir noch eine schöne Rundfahrt zum Dias Point Lighthouse und zur Grossen Bucht. Am Dias Point steht eine Kopie des Kreuzes, das der portugiesische Entdecker Bartolomeu Dias hier am 25.7.1488 aufgestellt hat. Teile des originalen Kreuzes sind in Berlin im Historischen Museum zu sehen.

Leuchtturm am Dias Point
Dias Kreuz
Wilde Küste
Grosse Bucht

Am nächsten Tag verlassen wir Lüderitz und wenden uns gen Inland. Den Atlantik werden wir erst in Südafrika wieder sehen!

Verlassenes Bahnwärterhaus an der Bahnstrecke Lüderitz-Aus
Ein Zug wird kommen!

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