Unterwegs mit unserem Wohnmobil Balu

Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Jordanien

Dieser Blog ließ natürlich auf sich warten, aber wir waren nach dem Abbruch unserer Reise erst einmal für einige Zeit nicht so recht motiviert, über den letzten Teil unserer Reise zu schreiben. Nachdem wir nun wissen, dass alles sein gutes Ende nehmen wird, haben wir uns in den letzten Tagen aufgerafft, um euch über unsere Ausflüge und Erlebnisse in Jordanien zu berichten.

Tag 118 (09.03.2020)

Heute sind wir von Saudi-Arabien aus- und nach Jordanien eingereist. In Saudi-Arabien wurde hinter uns die Grenze geschlossen, einen Tag später hätten wir wohl nicht mehr ausreisen können. Man war sichtlich froh, uns los zu haben, denn alles ging super schnell. In Erinnerung sind uns der viele Müll, der im Niemandsland in den Stacheldrahtrollen hängt und wie verschlampt und heruntergekommen beide Grenzstationen sind, sowohl die saudische wie auch die jordanische.
In Jordanien sind wir bereits angekündigt, weil wir eine Sondergenehmigung für die Einreise haben. Als allererstes erhebt sich ein Mann im weißen Kittel von seinem Plastikstuhl und misst bei jedem von uns die Temperatur und befragt uns, ob wir uns gut fühlen. Leider hat man unseren neuen Guide Fouad nicht aufs Gelände gelassen, was die Verständigung mit den Zöllnern erschwert. Stattdessen ist ein anderer Mitarbeiter der örtlichen Agentur vor Ort, der leider besser Französisch als Deutsch spricht. So schlägt die Stunde für unsere Schweizer Mitreisende Christina, die gut Französisch kann. Die Grenzbeamten müssen nämlich davon überzeugt werden, dass von uns keine Gefahr ausgeht, weil wir den Iran (in dieser Region der Welt das Epizentrum von Corona) bereits im Dezember verlassen haben. Das hätte man zwar auch unseren Pässen entnehmen können, aber Christina hat mehr Durchsetzungsvermögen als so ein Pass. Die Bestätigung der Sondererlaubnis dauert dann weitere 5 Stunden, in denen wir im Grenzbereich warten müssen. Wenigstens dürfen wir zurück in unsere Autos. Die Zeit vergeht mit Kochen, Reden, in der Sonne sitzen.
Wir haben direkten Ausblick auf den Hafen auf der jordanischen Seite, dort liegt gerade ein großes Transportschiff dessen Ziel Bremerhaven ist. So nah und doch unerreichbar! Noch während wir warten, legt es ab!
Nachdem die Erlaubnis zur Einreise endlich da ist, müssen wir noch eine Haftpflicht Versicherung für unser Auto abschließen denn unsere in Jordanien eigentlich gültige Auslandsversicherung wird nicht anerkannt. Außerdem muss noch das Carnet de Passage abgestempelt werden und auf die Polizei gewartet werden, die uns aus dem Grenzgelände eskortieren soll. Insgesamt haben wir an beiden Grenzen über 9 Stunden zugebracht und mittlerweile ist es dunkel und der Ruf zum Abendgebet ertönt, sehr zur Freude der streunenden Hunde, die mit erhobenen Schnauzen und lautem Geheul mit einstimmen. Zum Glück ist es nicht weit bis zu dem öffentlichen Strand, an dem wir heute übernachten werden.
Natürlich ist das Hauptthema unserer Gruppe die finale Heimreise. Wir diskutieren viel die Möglichkeiten und auch neue Nachrichten, die Ungewissheit lastet schon stark auf unserer Stimmung.

Tag 119 (10.03.2020)

Nach einem ausgiebigen Frühstück, mit Blick auf den Strand, fahren wir heute Morgen nur ca. 4 km in ein nahegelegenes Tages Beach-Resort.

Auf dem Parkplatz dort werden wir auch übernachten, denn gegen Abend verlassen alle Gäste das Resort und wir haben alles für uns!
Das Resort ist ein echter Kulturschock für uns. Nach Monaten in streng islamischen Ländern nun plötzlich einen Strand vorzufinden, an dem man wie in europäischen Stränden gekleidet geht, Damen meist im Bikini, die Herren in teilweise knappen Badehosen. Dazwischen Bars mit Ausschank von alkoholischen Getränken. Die Kundschaft ist hauptsächlich osteuropäisch und zeigt verschiedene Stadien von Angetrunkenheit und Sonnenbrand.
Unserer Organisatoren haben für uns ein Schiff gechartert mit dem wir zu einem bekannten Tauch und Schnorchelort fahren. Man hat dort für die Taucher extra einen Panzer und auch eine C-130 (Transportflugzeug) versenkt. Leider haben wir sehr starken Wind und auch unangenehme Wellen. Wir schwimmen vom Boot zu dem Panzer, den man auch halbwegs gut erkennen kann, aber durch die Wellen und den Wind ist das Wasser sehr trübe. Fische waren überhaupt nicht zu sehen. Also nicht unbedingt etwas, das man gesehen haben muss!
Anschließend wurde an Bord ein großer Grill angeworfen und das Mittagessen für uns zubereitet. Das Essen wird etwas beeinträchtigt durch den stärker werdenden Wind, bei dem der Salat schon mal auf der Hose des Nachbarn landen kann. Trotz des Windes aber ein recht schöner Nachmittag. Beindruckend ist, wie nahe hier alles beieinander liegt. Der Meeresanteil Jordaniens ist ca. 30 km lang, man hat direkten Blick auf Eilat in Israel, Ägypten liegt gegenüber und die Grenzstation zu Saudi-Arabien ist auch gut zu erkennen.

Am Abend nehmen wir mit einem kleinen Teil der Gruppe ein Taxi und fahren nach Aquaba in die Innenstadt. Wir laufen durch den Suk, kaufen noch einige Kleinigkeiten und gönnen uns noch einen Drink auf der Terrasse eines netten Lokals (Minzlimonade und Jordanisches Bier).

In einer Bäckerei werden in einem hinteren Bereich die Fladenbrote gebacken und automatisch über ein Förderband in den Laden zur Abgabe an die Kunden gebracht.

https://youtu.be/XlJl65UHJpk

Tag 120 (11.03.2020)

Als nächstes Etappenziel steht das Wadi Rum auf unserem Plan. Die Fahrt ist nicht weit und führt ein tief eingeschnittenes Tal hoch in die Wüste auf 780 m Höhe. Unterwegs kommen wir tatsächlich an einem Solarpark vorbei und an einem aufgegebenen Bahnhof der Bahnlinie, die wir bereits in Saudi Arabien gekreuzt haben! Wir fahren nicht zum Visitor Center des Parks, sondern sozusagen zum Hintereingang, einem großen Parkplatz kurz nach dem Örtchen Disah. Dieses schockt uns (wieder einmal) durch seinen unsäglichen Zustand. Niedrige, einfachste Häuser mit Geschäften reihen sich entlang der Straße auf, überall liegt Müll herum, alles wirkt heruntergekommen und unfertig. Überall im Staub und Wind flattert Bettwäsche. Dieser Ort ist offenbar der Service Stützpunkt für die vielen Camps im Wadi.

Ein kleiner Eindruck im folgenden Video

https://youtu.be/KMcIvh6-56Y

Wir treffen gegen 15:00 auf einem riesigen Parkplatz ein, der bis auf uns völlig leer ist und einen wunderschönen Blick auf die Felsformationen im Wadi bietet. Der vorbestellte Wasserlaster ist schon da und wir können unsere Frischwassertanks wieder befüllen. Das Tankfahrzeug ist ein richtiger Oldtimer, sehr gut gepflegt und liebevoll dekoriert mit Troddeln am Rückspiegel und in der Fahrerkabine. Der Fahrer freut sich, als ich ein Foto machen will und animiert mich dazu, einzusteigen, damit er mich im Auto fotografieren kann.

Kurz darauf geht es los zur Tour mit den Geländewagen. Wir haben schon unterwegs gesehen, dass man nicht im Geländewagen sitzt, sondern dass es sich um Pickups handelt, die auf der Ladefläche Sitzbänke installiert haben. Unser Fahrzeug ist deutlich älter als sein Fahrer (Baujahr 1988, der Fahrer vielleicht 2003) und ziemlich verbeult. Peter zieht es vor, auf dem Beifahrersitz zu sitzen, der zumindest etwas gefedert ist. Ich finde es toll, im Freien zu fahren!

Ein Teil unserer Gruppe wird unterwegs abgesetzt und läuft eine Stunde lang bis zum gemeinsamen Ziel, einem Camp im Wadi zwischen tollen riesigen Steinmonolithen. Wir anderen relaxen dort eine Weile und genießen den spektakulären Ausblick.

Nachdem die Fußgänger eingetroffen sind, geht es gemeinsam mit den Autos weiter zu verschiedenen sehenswerten Orten im Wadi. Unser Guide Fouad zeigt und erklärt uns viele Detail der Wüste bzw. der Steinformationen.

Außer uns sind noch zwei bis drei andere Gruppen unterwegs. Zum Sonnenuntergang halten wir auf einer kleinen Sanddüne und lagern uns dort. Hier wird auch nochmals die Drohne gestartet, um ein paar Luftbilder zu machen. Leider ist der Sonnenuntergang unspektakulär, die Sonne verschwindet einfach im aufziehenden Dunst. Unten sehr ihr unseren Guide Arthur und einen der jungen Beduinen, die unsere Fahrer waren.

Anschließend gibt es in dem Wüstencamp vom Nachmittag noch ein gemeinsames Abendessen: eine jordanische Beduinen Spezialität, bei dem das Essen in einem Sandloch (heute in einer im Sand eingegrabenen Stahltonne) gegart wird. Dazu wird in der Tonne (oben offen) längere Zeit ein sehr heißes Feuer geschürt. Nachdem das Feuer heruntergebrannt ist, wird das Essen in einem 3-stöckigen Ständer in das Loch gesenkt, ein Deckel wird aufgelegt und das Ganze mit Sand abgedeckt. Oben im Ständer befindet sich das Gemüse und der Reis, in der Mitte Hühnchen und ganz unten Lamm. Nach einigen Stunden wird der Sand oben entfernt und das Gestell mit dem Essen herausgenommen – suuuuper lecker.
Vorher sitzen wir noch eine Weile am Feuer und hören zu, wie Guide Fouad über jordanische Heiratsgebräuche spricht. Auch hier läuft alles noch unter der Beteiligung der Familie, speziell von Mutter und Schwestern, die passende Bräute vorschlagen. Unserem Fouad haben die nicht gefallen und er hat eine eigene Kandidatin genannt, die dann von seiner Familie bewilligt wurde. Frauen können Anträge ablehnen, wenn ihnen der Mann nicht gefällt, dürfen aber selber nicht aktiv auf die Suche gehen.
Auf abenteuerlichen Wegen geht es anschließend in dunkler Nacht mit hoher Geschwindigkeit (ohne Licht) durch die Wüste zurück zu unseren Wohnmobilen. Die Fahrer überholen sich gegenseitig und liefern sich muntere Rennen. Da heißt es für die auf der Ladefläche: gut festhalten! Die Wüste ist in dieser Gegend kreuz und quer mit Reifenspuren durchsetzt. Es ist uns ein Rätsel, wie sich die Fahrer im Dunklen orientieren.

Tag 121 (12.03.2020

In der Nacht kommt der Sturm, der sich die letzten Tage durch das immer schlechter werdende Wetter bereits angekündigt hat. Unser Balu wird äußerst heftig in den Windböen durcheinandergeschüttelt – wir auch. Und der Sand weht mal wieder durch die Gegend, wie wir das so lieben.
Wir wollen heute Mittag im 110 km entfernten Petra sein, um unsere Besichtigung zu starten. Die Strecke zieht sich, denn der Desert Highway ist in unsäglichem Zustand, insbesondere am Anstieg zu den Bergen, in denen Petra liegt. Die Straße geht hoch bis auf 1700 m und ist stark befahren von LKWs, weil Aqaba der einzige Hafen Jordaniens ist und unzählige Container vom Hafen nach Amman geschafft werden. Der Schwerlastverkehr und die im Sommer sicher herrschende Hitze führen dazu, dass der Teer „fließt“ und eine Art Waschbrett bildet. Lange Strecken fahren wir mit kaum 50 bis 60 km/h und selbst da weinen unsere Möbel schon!
Nach dem Anstieg verändert sich die Landschaft. Hier ist keine Wüste mehr, sondern eine menschenleere Hochebene mit vielen gras bewachsenen Hügeln, dazwischen Bereiche, in denen die Steine weggeräumt wurde, um Platz für Felder zu machen. Das wirkt nicht mehr orientalisch, sondern vertraut, eine Landschaft, wie man sie in europäischen Karstregionen auch findet.

Auch die Ortschaften haben ein anderes Aussehen, sie sind aus hellem Kalkstein gemauert, haben zum Teil Dächer mit Giebeln und wirken viel ansehnlicher und heimeliger. Dass hier immer viel Wind weht ist daraus zu ersehen, dass es einen riesigen, weit ausgedehnten Windpark gibt. Man merkt nicht nur an den teureren Spritpreisen, dass Jordanien kein Ölland ist!
Unterwegs halten wir an einem Aussichtspunkt, steigen aber nicht aus, da uns der Wind zu stark ist! Eine weise Entscheidung, wie wir später hören. Bei zwei Mobilen werden an genau dieser Stelle die Dachluken stark beschädigt. Eine wird total zertrümmert, die andere reißt. In beiden Fällen ist Leichtsinn im Spiel: die eine war absichtlich leicht offen („wir lüften immer während der Fahrt“!), die andere schließt schon seit Wochen nicht mehr richtig und wurde nur von einem Saugnapf an Ort und Stelle gehalten. Viel schlimmer ist, was unserer Mitreisenden aus Eisenach passiert. Beim Aussteigen packt der Wind die Aufbautür, reißt sie auf und bricht ihr den Oberarm. Im Krankenhaus in Wadi Mussa fühlt man sich überfordert und lässt sie im Krankenwagen nach Amman transportieren wo sie operiert werden muss.
Wir kommen wohlbehalten in Wadi Mussa an, dem Ort, in dem Petra liegt und parken provisorisch (total schräg) auf dem Busparkplatz des Besucherzentrums zwischen den abgestellten Bussen. In der Nacht soll der Parkplatz frei werden, so dass wir uns besser stellen können. Einstweilen bieten die Busse Windschutz. Wir werfen uns in unsere Winterjacken und ziehen Mützen und Schal an denn hier (1040 m Höhe und viel Wind) ist es kalt!
Kurz darauf treffen wir uns dann am Eingang zu Petra und beginnen mit der Besichtigung. Vorbei an Grabmälern mit riesigen in Stein gehauenen Kammern geht es abwärts zur berühmten Zugangsschlucht, Al Siq.

Der Wind wird zunehmend stärker und mit ihm wird immer mehr Sand in der Luft mitgetragen. Die Kapuze verhindert, dass die Haare sandig werden aber unsere Kleidung ist staubbedeckt. Deswegen tragen die Beduinen Kopftuch. Während wir in der Schlucht stehen und Fouads Erklärungen zuhören, trifft ein von oben kommender Kiesel Ernst am Kopf. Das ist die erste Vorwarnung.

Wir kommen bis ans Schatzhaus und werden dort von aufgeregt herumlaufenden Offiziellen aufgefordert wegen der Gefahr von Steinschlag ins sonst gesperrte Schatzhaus zu gehen.

Dort sollen wir bleiben, bis wir evakuiert werden. Dazu fahren die ersten geländegängigen Leicht LKWs vor. Auf der Ladefläche ist am Rand eine Sitzreihe, darüber ein Gestell für eine Plane, an dem man sich zur Not stehend festhalten kann. Der Ansturm ist groß, die Leute werden auf der Ladefläche zusammengepfercht wie Vieh auf dem Weg zum Schlachthof.

Unsere Gruppe beschließt erstmal abzuwarten und dem Gedränge fern zu bleiben. Uns erscheint jeder Tourist außerhalb unserer Gruppe als potentielle Corona Quelle. Einige wollen lieber durch die Schlucht zurücklaufen aber das ist zu Recht auch nicht mehr erlaubt. Also warten wir in aller Ruhe ab. So werden wir als eine der Letzten aus dem Tal gefahren. Den Zustieg Fremder auf unseren LKW verhindert Fouad mit den Worten: Careful, Italian group, Corona! Die Wirkung ist durchschlagend und wird von uns noch durch ein freundliches „buongiorno“ verstärkt Während der Fahrt auf dem offenen LKW beginnt es dann auch noch sehr stark zu regnen. Davor hat man in Petra generell viel Angst da sich aus den Seitentälern sehr schnell Sturzbäche ergießen können. Wir rattern durch das Tal mit den Grabmälern, dann durch den Service Zugang hoch in die Stadt und quer durch die Stadt zum Parkplatz. Durch den Regen und den Wind ist es eiskalt und sehr unkomfortabel. Im Ort rennen uns zwei durchgehende Pferde hinterher, die Situation hat etwas Apokalyptisches an sich.
Zurück am Auto sind wir so ausgekühlt, dass wir beschließen, uns etwas zu gönnen, nämlich einen Imbiss im gegenüberliegenden Möwenpick Hotel. Der Teeraum ist wunderschön und für unser Sicherheitsempfinden ausreichend leer und unsere Gruppe findet einen schönen Platz im Eck. Alle anderen Gäste sind Amerikaner, die Damen noch mit malerisch umgewickelten Beduinenschal um den Kopf. Wir essen in dieser schönen Umgebung eine Kleinigkeit, vom Preis her eher ein Luxusgericht und entstauben uns auf der Toilette. Danach geht es in das Museum von Petra, in dem einem sehr gut die Geschichte der Nabatäer nahegebracht wird. Es gibt viele originale Kunstwerke zu sehen und diverse interaktive Stationen. Auch architektonisch ist das Museum sehr gelungen. Abends dürfen wir hier im Vorraum auch unsere Besprechung abhalten.
In der Nacht wird es immer stürmischer und schüttet wie aus Eimern. Die Kollegen mit den kaputten und notdürftig reparierten Dachluken kämpfen die ganze Nacht gegen das eindringende Wasser. Glücklicherweise haben wir uns noch am Abend weiter hinten auf den Parkplatz umgestellt und stehen etwas besser gegen den Wind geschützt als viele andere. Wir benutzten seit langem (Iran) wieder einmal unsere Heizung. Auf ca. 1400m Höhe wird es zu dieser Jahreszeit empfindlich kalt.

Tag 122 (13.03.2020)

Heute Morgen treffen wir uns um 8:00 erneut am Eingang zu Petra. Fouad schafft es, dass wir mit unseren gestrigen Tickets noch einmal nach Petra dürfen. Da der Wetterbericht für 13:00 wieder heftige Regenfälle ankündigt, bleibt uns nur ein kleines Zeitfenster. Deswegen eilen wir bis zum Schatzhaus und beginnen dort den zweiten Teil der Besichtigung.

Es geht bergauf und bergab und wir sehen viel tolle Dinge: bunte Steingebilde, Grabkammern, malerische Beduinenmänner, Kamele etc. Die Beduinen, die hier im Tal ansässig waren, haben anscheinend das Recht zur touristischen Nutzung.

Sie betreiben die Andenkenläden, die Kamelritte, Pferdekutschen etc. und leben anscheinend recht gut davon. Wir haben Glück und das Wetter hält!

Ich (Peter) habe ja schon viel über Petra gelesen und im Fernsehen gesehen, aber die Realität vor Ort übertrifft all das bei Weitem.

Es ist beeindruckend, mit welch primitiven Werkzeugen die damaligen Baumeister die Felsen bearbeiteten, um daraus diese riesigen Fassaden zu schaffen.

Zurück auf unserem Parkplatz versucht ein dort ansässiger Andenkenbudenbetreiber mit uns Geschäfte zu machen. Nachdem er Einblick in unseren Heckstauraum bekommen hat, fragt er mich wieviel ich für unseren Campingtisch haben möchte. Er sei ein Outdoormensch und könnte so etwas gut gebrauchen. Wir haben den Tisch behalten ;-).
Nach einem Snack in unserem Balu machen wir uns auf die Fahrt nach Madaba, das nur noch 30 km von Amman entfernt ist.
In Wadi Mussa müssen wir uns erst einmal durch die engen Bergstraßen drängeln denn heute ist Freitag und alle Männer kommen gerade aus der Moschee. Von Wadi Mussa nehmen wir den landschaftlich schöneren aber weniger gut ausgebauten Kings Highway statt zurück auf den vielbefahrenen Desert Highway zu fahren. Die Landschaft wird immer mediterraner mit Pinien (Sensation! Bäume haben wir schon lange nicht mehr gesehen!) und grünen Wiesen.

Leider hat der Wetterbericht Recht und es beginnt zu schütten. Sehr schnell wird das Fahren sehr unangenehm, weil man fast nichts mehr sieht, die Straße schlecht ist, ständig bergauf und bergab geht und obendrein an vielen Stellen mit Schlamm und Geröll überflutet ist. Die meisten Stellen waren bereits wieder oberflächlich geräumt, aber es blieb vielfach sehr schmierig. Wir fahren am Rand des Dana Naturreservates entlang und sehen leider gar nichts davon, weil dichter Nebel aufzieht bzw. die Wolken extrem tief hängen. Es gibt viele Ortsdurchfahrten und hier sehen wir viele wahrhaft biblische Gestalten. Männer mit Tüchern um den Kopf gewickelt in langen Kaftanen, darüber der vorne offene Schaffellmantel. Solche Mäntel haben wir bereits in Saudi Arabien in Läden gesehen. Hier in Jordanien kann man sie gut brauchen!
Bemerkenswert ist dann die Abfahrt aus dem Gebirge (1700m) runter ans Tote Meer (-400m )
Die Straße führt zwischen tiefen Schluchten (Wadis) hindurch, wegen des vielen Regens stürzen Bäche zu Tal. Die Steinfarben und –formen änderten sich kontinuierlich. Das ist sicherlich eine der schönsten Streckenabschnitte unserer Reise. Glücklicherweise hört es allmählich auf zu regnen, ist aber immer noch sehr trübe. Bei Sonnenschein wäre das sicherlich noch schöner gewesen. Unten an der Küste des Toten Meeres dann wieder eine andere Welt mit Palmen und Wüste. In dem Bereich wo das Gebirge sich direkt aus dem Meer erhebt münden zwei Wadis. Bereits km vorher sieht man, dass das Wasser braun verfärbt ist vom mitgespülten Schlamm. Von einer Brücke aus sehen wir spektakuläre Wasserfluten durch die Schlucht Wadi Al Mujib rauschen und in einem wilden Strudel ins Meer münden. Nach der Fahrt entlang der Küste von Süd nach Nord müssen wir dann wieder hoch ins Bergland nach Madaba. Wieder der Wechsel in die frühlingsfrische Mittelmeervegetation, hier sogar mit blühenden Blumen und Olivenbäumen.

Leider regnet es wieder heftig und ist kalt.
Wir stehen mitten im Ort auf dem ummauerten Parkplatz der griechisch-orthodoxen Kirche. Begrüßt werden wir vom Geläut der Kirchenglocken, kurz darauf ruft der Muezzin zum Abendgebet. So geht es auch mit dem Zusammenleben der Religionen. Für unseren abendlichen Stadtspaziergang durch die Gassen holen wir unsere Regenschirme aus den Tiefen unserer Stauräume. Haben wir die doch nicht umsonst mitgenommen!

Tag 123 (14.03.20209

Madaba ist eine sehr alte Stadt und wird mehrfach in der Bibel erwähnt. Berühmt ist sie wegen ihrer vielen Mosaiken aus frühchristlicher Zeit. Das bekannteste befindet sich in der kleinen griechisch- orthodoxen St. Georgs Kirche, nämlich das Mosaik aus dem 6. JH das die Landkarte Palästinas zeigt. Es war für die Archäologie eine wichtige Informationsquelle zur Lage biblischer Stätten. Die heutige Kirche wurde am Ende des 19. JH über einer alten byzantinischen Kirche erbaut und dabei wurde das Mosaik entdeckt. Es ist nur noch zu einem Viertel erhalten, rundum liegen alltägliche Fliesen aus dem Baumarkt und zum Gottesdienst wird ein Teppich über das Mosaik gerollt.

Wir gehen zu Fuß durch Madaba und besichtigen einige der vielen Mosaiken die über den Ort verstreut sind. Hier passiert es uns das erste Mal, dass wir als gefährlich empfunden werden. Zwei einheimische junge Frauen bitten Fouad darum, dass wir ihnen nicht in den Raum folgen, sondern draußen warten.

Auf dem Rückweg gehen Peter und ich noch in einige der vielen Geschäfte, die alle möglichen Handwerksarbeiten anbieten. Alle sind leer und die Verkäufer verzweifelt. Wir unterhalten uns mit einigen und sie beklagen den Einbruch des Tourismus infolge Corona. Der ist uns in Petra noch nicht aufgefallen, hier aber ist er nicht zu leugnen. Besonders nett ist es im Geschäft von Youssof, der wunderschöne von einheimischen Frauen gefertigte Stickarbeiten verkauft. Ich kaufe dann auch zwei sehr schöne Kissenhüllen. In einer Apotheke kaufen wir Ibuprofen für Peter und fragen spontan nach Gesichtsmasken. Es sind tatsächlich welche vorrätig, für die Masken und das Ibu möchte die Dame 50 $ haben. Wir haben nur noch 40 $ dabei, mit denen sie sich spontan zufrieden gibt. Damit sind zwei Dinge klar: wir hätten handeln sollen und wir haben zu viel bezahlt! Aber egal, was man hat, das hat man.
Dann verlassen wir Madaba Richtung Mount Nebo. Unterwegs besichtigen wir noch eine Mosaikwerkstatt, die zum Teil schaurige religiöse, zum Teil schöne moderne Mosaiken herstellen. Die Preise sind hoch, die Werke beginnen bei 1000 €.
Mount Nebo liegt am Abbruch des Abarim Gebirges zum Jordantal hin und ist 808 m hoch. Von hier aus soll Moses das gelobte Land nach dem Auszug aus Ägypten gesehen haben, musste aber sterben, ohne es betreten zu haben und soll hier begraben sein. Zwei Päpste haben diesen Ort besucht, 2009 Benedikt XVI und im Jahr 2000 Johannes II. Heute ist das Areal im Besitz der Franziskaner. Etwas melancholisch betrachten wir die Aussicht. Es ist wolkig, aber in einer Regenpause sehen wir tatsächlich das Tote Meer, das Jordantal und Israel unter uns liegen, auch wenn wir wie Moses nicht dorthin dürfen.

Dominant steht hier ein modernes Kreuz um das sich die Schlange windet, die Moses mit in die Wüste nahm. Ein sehr spiritueller, wunderschöner Ort mit vielen alten Bäumen, umgeben von mit Olivenbäumen bewachsenen Hügeln.

Das hätte eine schöne Einstimmung auf Israel sein können, wäre nicht Corona dazwischengekommen. Die heutige Kirche ist modern und schlicht und steht auf den Ruinen einer Basilika aus byzantinischer Zeit. Ein Mosaik aus dem Jahr 532 ist erhalten, weil ein neues Mosaik über das alte gelegt wurde als man dessen Darstellungen von wilden Tieren als anstößig empfunden hat.

Das alte Mosaik ist links in der Kirche zu sehen, das neuere auf der rechten Seite, dazwischen die Kirchenbänke. Nachdem es draußen wieder in Strömen regnet, bleiben wir noch eine Weile in der Kirche sitzen und lassen sie und die Mosaiken in aller Ruhe auf uns wirken.
Nach einem Tee im geheizten Balu fahren wir hinunter ins Tal ans Tote Meer. An der Küstenstraße werden wir an einer Militärstation angehalten. Sie ist dekoriert mit Plastiktüten, in die Löcher geschnitten sind und aus denen Blumen wachsen. Sehr skurril! Der junge Soldat ist ungemein lässig und kaut tiefenentspannt auf einem Zahnstocher herum und mustert uns in aller Ruhe bevor er ein „go“ hervorstößt.
Das Resort OH, wo wir unterkommen hat eigentlich eine traumhaft schöne Lage auf mehreren Terrassen über dem Toten Meer. Nur aus der Nähe betrachtet braucht es dringend einen neuen Manager der mal richtig durchputzt. Alles ist leicht unordentlich und außer Kontrolle geraten, die Pools renovierungsbedürftig, der Zugang zum Meer versperrt etc. Wir treffen zwei australische Studentinnen und ein Paar aus Tschechien und das ist es an Gästen.

Wir stehen sehr schön auf mehreren Terrassen verteilt mit Blick aufs Meer, auch wenn es eigentlich ein Parkplatz ist. Und es ist angenehm sommerlich warm! Abends sind wir von der lokalen Agentur Hussam zum Essen eingeladen das recht gut ist. Herr Hussam und sein Bruder sind anwesend, beide sprechen hervorragend Deutsch. Hier werden wir zwei Nächte verbringen, also morgen einen freien Tag haben.

Tag 124 (15.3.2020)

Eigentlich wollten wir an diesem Tag entweder nochmal in die Berge fahren (heiße Quellen von Ma‘in) oder an die Taufstelle am Jordan, die mich (Ulrike) sehr interessieren würde. Aber bis wir aufgestanden sind und gefrühstückt haben, kommt bereits die Meldung, dass beide seit heute geschlossen sind. Wir erfahren auch, dass eigentlich alles geschlossen wurde: Petra, Wadi Rum, Mount Nebo und Madaba, um die Ausbreitung von Corona zu unterbinden. Also verbringen wir einen ruhigen Tag und genießen die Sonne und die Wärme und den schönen Blick über das Tote Meer auf die Berge auf der anderen Seite. Am frühen Abend wird der Geburtstag eines Reisekollegen nachgefeiert, passenderweise mit Corona Bier.

Tag 125 (16.3.2020)

Nach dem Füllen unseres Wassertanks geht es los nach Amman. Tourguide Arthur hofft, in der Hauptstadt den weiteren Verlauf unserer Reise mit den Verantwortlichen klären zu können. Ziel ist es, unsere Autos auf ein Schiff zu bringen, das am 27.3. von Aqaba nach Jeddah und von Jeddah nach Bremerhaven fährt. Ein Teil der Gruppe möchte ihr Auto nicht verschiffen, sondern Corona lieber in ihrem Wohnmobil in Jordanien aussitzen. Wir dagegen möchten das Auto auf dem Schiff haben, um besser handlungsfähig bezüglich der Ausreise zu sein.
Amman liegt in fast 800 m Höhe, am Toten Meer waren wir auf einer Höhe von 400 m unter dem Meeresspiegel. Es geht also ordentlich hinauf und entsprechend stark verändert sich die Landschaft zum Grünen, frühlingshaft Mediterranen. Amman ist recht schön, weil die meisten Gebäude aus dem hellen Kalkstein der Gegend gebaut sind. Die Anfahrt ist mal wieder herausfordernd, es geht durch ein Gewirr von Hochstraßen bis wir das Hotel Regency Palace erreichen, auf dessen von hohen Mauern umgebenen Hof wir stehen werden. Dort hören wir, dass ab heute eine Einreisesperre für alle Reisende aus Europa ausgesprochen wurde und morgen der gesamte Flugverkehr eingestellt wird.
Trotzdem geht es am frühen Nachmittag in kleinen Gruppen mit Taxis in die Innenstadt, um uns dort „zufällig“ mit dem lokalen Guide Fouad zu treffen. Der Taxifahrer trägt eine Maske und gibt als erstes eine Runde Desinfektionsmittel aus! Die eigentlich geplante Stadtrundfahrt und Besichtigung mit dem Bus wurde untersagt, Reisegruppen dürfen sich nicht mehr in der Stadt bewegen. Die Sehenswürdigkeiten in der Stadt sind auch alle geschlossen, wir sehen das römische Amphitheater also nur von außen und die Zitadelle und große Moschee überhaupt nicht.

Der jordanische König und der Kronprinz sind in vielen Läden als Fotos vertreten. Wir schlendern über den noch geöffneten Souk und stellen fest, dass die Leute uns deutlich ausweichen. Auf dem Rückweg zum Hotel fragen wir in einigen Reisebüros nach Flügen und hören, dass es keine mehr geben wird. Trotzdem oder erst recht kaufen wir uns zwei Koffer, denn so etwas haben wir nicht dabei

Tag 126 (17.3.2020)
Nachts wird es stürmisch und es regnet stark. Trotzdem hören wir viel ungewohnten Lärm, laute unverständliche Durchsagen und Motorengeräusche. Am Morgen klärt sich deren Ursache: am Eingang zu unserem Parkplatz steht ein Militärfahrzeug mit aufgesetztem Maschinengewehr und versperrt uns die Ausfahrt. Die Soldaten tragen schusssichere Westen falls wir unbewaffnete Rentner Widerstand leisten sollten!

Uns wird mitgeteilt, dass wir unsere Wohnmobile verlassen und ins Hotel umziehen sollen. Dorthin hat man anscheinend in der Nacht die in Amman und Umgebung gestrandeten Touristen gebracht. Den Umzug ins Hotel verweigern wir kategorisch. Wir wollen keinesfalls in Kontakt mit anderen Touristen kommen, die wahrscheinlich erst kürzlich aus Europa angereist sind und so mit einer höheren Wahrscheinlichkeit infiziert sind als unsere Gruppe. Die Tatsache unserer relativen Isolation könnte uns mehr Bewegungsfreiheit verschaffen. Tatsächlich wird unserem Wunsch stattgegeben, wir dürfen in unseren Autos bleiben. Zur Entsorgung wird ein Gullideckel geöffnet, Wasser bekommen wir aus einem Geräteraum, Essen wird uns vom Militär besorgt. Später am Tag bekommen wir tatsächlich ein Gebinde aus Milch, Quark, Äpfeln, Gurken, Brot und Desinfektionsmittel und einer Maske pro Person!
Im Laufe des Tages erfahren wir, dass in Jordanien ab Mitternacht des heutigen Tages eine weitgehende Ausgangssperre in Kraft treten wird und alle Arbeit im privaten und öffentlichen Bereich eingestellt wird, bis auf den Gesundheitssektor und die Versorgung. Niemand darf sich mehr auf der Straße bewegen! Das ist super schlecht für uns, denn wie sollen wir nach Aqaba zu dem Schiff kommen, wenn wir den Hof und die Stadt nicht verlassen dürfen.
Den Tag verbringen wir mit gemeinsamen Hofgängen in der eisigen Kälte oder im warmen Mobil.

Mit Zumba vertreiben wir uns die Zeit in unserem Gefängnishof. Wir wollen uns in die Benachrichtigungsliste des Auswärtigen Amtes eintragen, was nicht funktioniert, da der Server komplett überlastet ist. Unser Schwiegersohn Mohammad erledigt dies netterweise für uns von Deutschland aus.

Tag 127 (18.3.2020)

Ein ganz normaler Tag im Gefängnis. Den Schweizern wird für den nächsten Tag ein französischer Repatriierungsflug nach Frankreich angeboten. Ab Paris muss man selber schauen, wie man weiterkommt. Alois und Christina wollen das Angebot als einzige Schweizer annehmen, ihr Auto soll von einem der Guides nach Aqaba gefahren werden. Sie sind fieberhaft am Packen. Wir telefonieren lange mit unseren Kindern und sind danach überzeugt, dass es keinen Sinn macht, in Jordanien Corona abwettern zu wollen, so wie das einige aus unserer Gruppe immer noch planen. Es wird sogar diskutiert, on man nicht nach Beirut fahren und von dort ein Schiff in die Türkei nehmen könnte. Laut Guide Arthur hat die Deutsche Botschaft eine Notiz an die jordanische Armee verfasst, uns nach Aqaba fahren zu lassen. Außerdem haben sie Protest eingelegt, weil man einen Diplomaten der Botschaft nicht zu uns durchgelassen hat.

Tag 128 (19.3.2020)

Der 80. Geburtstag von Alois und der 65. einer anderen Mitreisenden. So beginnt der Tag mit zwei Geburtstagsständchen. Alois wird ihn doch mit uns verbringen, denn im Lauf des Morgens wird ihm mitgeteilt, dass der Flug nach Frankreich bereits voll und für Schweizer kein Platz mehr ist. So ist Alois beim Umtrunk dabei! Es gibt im Freien (es ist sehr kalt!) Tee und Torte und ordentlich Wodka für alle. Arthur verkündet, dass wir für morgen eine Sondergenehmigung bekommen haben, um nach Aqaba zum Hafen zu fahren. Außerdem durfte Guide Alex persönlich zum Supermarkt fahren, daher die Torten und der Wodka! Die Stimmung steigt, weil die Schiffspassage wieder realisierbar erscheint. Ansonsten machen wir Hofgänge, sobald die Sonnen zwischen den Wolken hervorkommt und sind froh über unsere Winterkleidung. Abends um kurz vor 10:00 kommt ein Arzt vorbei (in Schutzkleidung) und fragt uns aus 2m Entfernung, ob es uns gut geht, ob wir Bluthochdruck oder Diabetes haben.

Tag 129 (20.3.202)

Am Morgen um 8:00 geht es los! Das Militärfahrzeug, das uns die Ausfahrt blockiert springt leider nicht mehr an und muss zur Seite geschoben werden. Dann ist die Ausfahrt frei. Die Straßen der Stadt sind relativ leer, es regnet und die Wolken hängen sehr tief. Wir fahren im Konvoi mit Polizeibegleitung bis zur Auffahrt auf den Flughafenzubringer, der auch zum Desert Highway führt. Dort gibt es eine offene Tankstelle und auch einen offenen Supermarkt. Hier ist richtig viel Betrieb! Bevor es zum Einkauf geht, ruft Urs alle zum Social Distancing auf und ermahnt zur Vorsicht. Peter und ich tragen unsere Masken aus Madaba und auch Handschuhe. Die hätte es am Eingang zum Supermarkt aber auch gegeben, ebenso wie Ständer mit Desinfektionsmittel. Wir decken uns ordentlich ein, um einige Tage autark zu sein. Die Mitreisenden, die noch keine Koffer besorgt haben, kommen im Obergeschoss zum Zug.
Danach verlassen wir am geschlossenen Ikea vorbei Amman und stellen fest, dass die Stadt zwar kalt ist, aber doch sehr schön und ihre Umgebung sehr grün ist. Wir passieren ohne Probleme mehrere Militärkontrollen, offensichtlich funktioniert das mit der Vorankündigung.
Auf dem Highway bewegen sich fast keine PKW mehr aber nach wie von Unmengen von LKW, die uns beladen mit Containern aus Aqaba entgegenkommen. Außerhalb Ammans wird auch die Ausgangssperre nicht mehr so ernst genommen. Wir sehen Hirten mit ihren Herden und in den kleinen Städten Gruppen von Männern und einige fußballspielende Buben.

Auf dem Highway sind auch autofahrende Kamele unterwegs. Wir kennen ihn und alle seine Bodenwellen nun schon ganz gut, insbesondere die extrem schlechte Wegstrecke am Pass hinunter nach Wadi Rum.
In Aqaba selbst führt uns das Navi noch gründlich in die Irre, aber schließlich erreichen wir den bereits von der ersten Übernachtung bekannten Strand, der für uns reserviert und genehmigt ist. Er ist menschenleer, nur weit in der Ferne ein einzelnes Zelt. Wir parken, räumen Tisch und Stühle nach draußen und genießen die angenehme Wärme. Es reicht sogar zu einem kurzen Spaziergang am Strand bevor wir erneut festgesetzt werden.
Kurz darauf kommen ein Wassertanker und ein Abwassertanker auf den Platz gefahren. Nach einiger Zeit erfahren wir, dass am nächsten Tag ab 7:00 der militärische Notstand ausgerufen wird und das bedeutet eine totale Ausgangssperre! Niemand darf sich mehr außerhalb der Häuser zeigen, auch Supermärkte werden geschlossen. Uns wird mitgeteilt, dass wir nicht mehr in den Wohnmobilen wohnen dürfen, sondern in ein Hotel umziehen müssen. Ein Klein-LKW mit einer Spritzvorrichtung kommt auf den Platz gefahren und desinfiziert unsere Mobile von außen. Wir stehen derweilst in der Mitte des Parkplatzes und halten Abstand voneinander.

Kurz danach müssen wir im Konvoi dem Militärfahrzeug folgen. Wir werden in ein ca. 2 km entferntes Hotel mit Tauchbasis gebracht und parken dort auf dem Parkplatz. Am Eingang zum Hotel werden bei jedem Fieber gemessen und die Fußsohlen der Schuhe desinfiziert. “Hotel” ist eine etwas hochgestochene Bezeichnung, Hostel wäre angemessener, keiner der Mitfahrer übernachtet in seinem Zimmer. Alle ziehen es vor, sich diskret in ihre Mobile zurückzuziehen, was offiziell nicht erlaubt ist, aber niemanden stört. Die Stimmung ist am Tiefpunkt angelangt. Wir sind nun zwar in der Nähe des Hafens, dürfen uns aber wegen der Ausgangssperre nicht aus dem Hotel hinausbewegen.

Tag 130 (21.3.202)

Am Morgen um 7:00 heulen die Sirenen zum Start des Ausnahmezustandes. Ein schauriges Gefühl! Heute wollten unsere Guides eigentlich versuchen im Hafen die Verschiffung unseres Fahrzeugs zu klären. Das scheitert an der Ausgangssperre und auch telefonisch lässt sich nichts ausrichten, weil der Hafen geschlossen wurde. Eine Mitteilung der Botschaft legt uns sehr ausdrücklich nahe, am nächsten Tag, Sonntag, nach Amman zu kommen, um dort im Hotel für einen Repatriierungsflug zur Verfügung zu stehen. Die Stimmung ist am absoluten Tiefpunkt denn nun ist klar, dass der worst case eingetreten ist und wir unseren Balu hier stehen lassen müssen. Den letzten Tag bringen wir mit fieberhaftem Räumen zu, um Balu auf einen längeren Aufenthalt vorzubereiten. Das Zimmer ist sehr praktisch, denn hierhin bringen wir alle Dinge, die weder im Balu bleiben sollen, noch mitkommen. Dies sind vor allem Vorräte (2 Packungen gutes deutsches Müsli, unzählige Nudeln, Reis, Öl, Essig etc.) und frische Lebensmittel. Die Koffer werden gepackt, alles wird geputzt und gesichtet, Wasser und Abwasser abgelassen, die Toilettenkassette gesäubert. Abends sinken wir ins Bett und schlafen schlecht.

Tag 131 (22.3.2020)

Um 6:00 morgens, noch vor dem Frühstück im Hotel, werden die Autos so umgeparkt, dass keines das andere behindert (wer weiß, ob sie nicht zu unterschiedlichen Zeiten das Land verlassen müssen) und der zukünftige Hotelbetrieb auch nicht behindert wird. Ich (Ulrike) bin super melancholisch und habe das Gefühl meine Heimat (Balu) niemals wieder zu sehen und fühle mich vertrieben. Es ist immer so gemütlich und heimelig in unserem Balu! Den meisten aus der Gruppe geht es genauso. Einige Tränen fließen! Die KFZ Schlüssel werden in Umschläge verpackt und dem Manager übergeben, die Nummernschilder abgeschraubt und innen verstaut. Alles wird nochmals kontrolliert. Um 8:00 soll uns der von der Botschaft organisierte Bus abholen. Es herrscht ab jetzt Maskenpflicht. Um 8:30 kommen dann schließlich zwei Busse. Das Entsetzen ist groß denn es handelt sich um zwei ausgesprochen kleine Busse ohne Gepäckraum. Ein Paar sitzt bereits drin. Wir kennen sie von mehreren früheren Begegnungen, die erste bereits in Musandam, Oman. Es sind Einzelreisende, die mit ihrem Geländewagen eine ähnliche Tour wie unsere gemacht haben, auf das gleiche Schiff wie wir wollten und nun ebenfalls in Aqaba gestrandet sind.
Also quetschen wir uns in die zwei Busse, das Gepäck wird doppelstöckig im Gang gestapelt. Noch enger wird es, als noch drei deutsche Touristen aus einem Hotel in Aqaba aufgenommen werden. Nach unzähligen Kontrollen in der Stadt, bei denen unser Papier von der Botschaft von diversen Offiziellen studiert und diskutiert wird, verlassen wir nach 1.5 h Aqaba. Auch unterwegs müssen wir an den Grenzen der Verwaltungsdistrikte warten, wo jeweils unsere Polizei und/oder Militär Begleitfahrzeuge ausgetauscht werden.

Da kommt dann immer das Kommando: Masken auf! Bei jeder Pipi-Pause muss zuerst das ganze Gepäck ausgeladen werden, damit überhaupt jemand aussteigen kann.
Am späten Nachmittag kommen wir endlich im von der Botschaft reservierten *****-Hotel in Amman an und werden sehr freundlich von zwei Mitarbeitern der Botschaft empfangen. Im Hotel gibt es alles Essen nur aufs Zimmer und das Gebäude darf man natürlich nicht verlassen. So verbringen wir einen ruhigen Abend und einen ruhigen nächsten Tag in unserem luxuriösen Zimmer mit Blick auf die Stadt und die menschenleeren Straßen.

Tag 133 (24.3.2020)

Um 8:00 werden wir zusammen mit anderen Deutschen aus dem Hotel von einem Bus abgeholt und zur Botschaft gebracht. Hier kommen noch weitere Busse an, gefüllt mit Leuten, die evakuiert werden wollen. Es sind viele Studenten dabei, die in Jordanien studiert haben, auch Familien und einige Herren vom Senior Expert Service. Dann geht es zum eigentlich geschlossenen Flughafen. Der Check In läuft suboptimal, weil sich in der langen Warteschlange alle Reisenden sehr nahe kommen. Pünktlich zum Mittagsgebet gehen wir durch die Sicherheitskontrolle. Ich (Ulrike) freue mich sehr, zum Abschied noch einmal den Gesang hören zu dürfen.
Das Flugzeug das uns abholt ist ein Airbus der Lufthansa namens „Nürnberg“! Es kommt wahrscheinlich selten vor, dass ein ans Gate rollendes Flugzeug von vielen winkenden Leuten begrüßt wird und die Piloten zurückwinken!

Wir haben einen guten Heimflug und stellen fest, dass es gar nicht weit ist nach Amman! Beim Landeanflug nach München fällt uns als erstes auf, wie ordentlich alles ist und dass keine einzige Plastiktüte im Zaun des Flughafens hängt. Deutschland hat uns wieder!

Fazit:
Trotz des Stresses der Zeit in Jordanien war es eine tolle Reise und wir können nur bestätigen, dass das Motto von Abenteuer Osten „Die Welt ist zu schön, um einfach darüber hinweg zu fliegen“ zutreffend ist. Gerade der Wechsel zwischen den unterschiedlichen Kulturen vom europäischen Raum bis in den mittleren Osten war faszinierend zu erleben. So unterschiedlich die Lebensweise der Menschen und ihre Religionen auch sind, so sind wir doch überall Menschen begegnet, die genau wie wir ihren Alltag leben. Auch in „solchen“ Ländern kann man ein gutes Leben führen, unsere europäische Lebensweise ist nicht die alleinseligmachende. Gerade die Unterschiede sind ja das, was die Faszination einer solchen Reise ausmacht. Und die Herzlichkeit der Menschen und ihr großes Interesse an uns war im Iran, dem Oman und Saudi-Arabien sehr bewegend!
Wir sind froh, diese Reise unternommen zu haben, vor allem da in Zeiten von Corona so etwas wahrscheinlich so schnell nicht mehr möglich sein wird. Wir haben Glück gehabt!
Da nun auch unser Balu mit dem Schiff nach Hause zurückkehren wird, bleiben uns die vielen Erlebnisse ungetrübt im Gedächtnis! Voraussichtlich am 16.5. wird Balu zusammen mit seinen 16 Reisegefährten mit der M/V Euphrates Highway Aqaba verlassen und ca. am 6.6.2020 in Bremerhaven ankommen. Ein Schweizer Spediteur hat die organisatorische Meisterleistung vollbracht und dieses möglich gemacht!

Unseren Routenverlauf habe ich dahingehend ergänzt, dass jetzt alle Übernachtungsplätze mit Pins gekennzeichnet sind. Wenn man so einen Pin anklickt, erscheint die Info zum Reisetag, Datum und Ort und lässt sich besser dem Reisebericht zuordnen.

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6 Antworten

  1. Ich werde Eure Reiseberichte vermissen – es war so spannend!
    Schön, dass Ihr gut zu Hause seid.
    Alles Liebe
    Chrisi

    1. Schön, dass dir die Berichte gefallen haben.
      Nun ja, wer einmal so eine Reise gemacht hat……
      …es muss ja nicht die letzte gewesen sein. So einige Ideen kreisen im Orbit schon um uns herum.
      😉

      Team Balu, bald wieder mit Balu

  2. Jaja, im nahen Osten hat sich offenbar seit den 80ern nicht viel geändert (alte Mercedes-LKW, Handeln …. )

  3. Eine wahrlich tolle und unwiederbringliche Reise und du wirst hoffentlich am Donnerstag wieder etwas davon erzählen. Balu wird bestimmt nicht arbeitslos.
    Liebe Grüße
    Thomas

  4. Wie schön, dass ihr wieder wohlbehalten zurück seid! Und dass nun auch der Rücktransport eurer “Reisekamele” gesichert ist.
    Herzliche Grüße
    Roland und Corinna

  5. Es ist Wahnsinn, was ihr alles erlebt und auch durchlitten habt. Vielen Dank für die Mühe, dass ihr es möglich gemacht habt, euch virtuell zu begleiten.
    Das Beste aber ist, dass ihr wieder wohlbehalten zurück seid!
    Gerd

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