Unterwegs mit unserem Wohnmobil Balu

Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Die Sierras von Katalonien, Aragon und Kastilien-La Mancha

Vom Kloster Poblet aus fahren wir über eine sehr kurvige Straße hinüber nach Ulldemolins, einem kleinen Ort am Nordrand der Sierra de Montsant. Der Campingplatz ist in unserem Campingführer mit einer Höhenbegrenzung von 2,40 vermerkt. Tatsächlich sind die Platanen dort so in Form geschnitten, dass sie im Sommer ein grünes, aber leider sehr niedriges Dach über den gesamten Platz bilden. Wir finden aber trotzdem ein Plätzchen für unseren 3m hohen Balu. Sogar eines mit einer wunderbaren Aussicht auf die Berge der Sierra Montsant.

Campingplatz in Uldemolins
Blick auf die Sierra de Montsant

Am nächsten Tag fahren wir mit unseren Fahrrädern hoch zur Ermita de Sant Antoni i Santa Barbara, dem Ausgangspunkt einer kleinen Wanderung in die Schlucht des Riu de Montsant namens „Les Cadolles Fondes“. Eine schöne Tour, aber wegen der Hitze sind wir froh, danach in der Ermita einkehren zu können. Es handelt sich um ein „Refugio“, eine bewirtschaftete Hütte mit einer Kapelle. Leider gibt es nur eine äußerst begrenzte Auswahl an Speisen: Käsebrot oder Wurstbrot, aber eine sehr gute hausgemachte Limonade. Man sitzt sehr schön und hat immer etwas zu gucken: eine Gruppe junger Spanier, die vom Kräutersammeln kommt, Wanderer und Leute, die hier am Brunnen ihre Wasservorräte auffüllen und solange ein Bier trinken.

Wanderung zu den Cadolles Fontes
Einkehr im Refugio

Am nächsten Tag fahren wir weiter entlang der Südseite der Sierra de Montsant in einen kleinen Ort namens „Bot“ nahe Gandesa. Die Gegend ist geprägt von Bergen und Wein- und Mandelplantagen und Schweinemastbetrieben. Irgendwoher muss der Schinken ja kommen.

Den Campingplatz haben wir ausgewählt, weil er direkt an der Via Verde de Terra Alta liegt. Die Via Verdes sind Radwege, hier entlang einer stillgelegten Bahnlinie (vom Tal des Ebre hinauf in die Hochebene). Am ersten Tag fahren wir immer bergauf über Horta de San Juan bis zum alten Bahnhof von Cretas. Die Strecke führt über mehrere Brücken und durch eine Vielzahl von Tunneln.

Unterwegs auf der Via Verde
Der Weg führt über viele solcher Brücken
Es gibt sogar Halter fürs Handy, um Selfies wie das obige Bild zu machen
Ab in den Tunnel
Ehemaliger Bahnhof von Horta de San Juan

Hinter Horta ist man dann im Hochland, hier ist die Landschaft weniger spektakulär. Cretas ist leider eine Enttäuschung. Die bei Google mit viel Lob versehene Bar im alten Bahnhof hat leider geschlossen, obwohl sie laut Internet offen haben sollte. Glücklicherweise haben wir einen Notproviant dabei, den wir verzehren können. Danach geht es 20 km bergab zum Ausgangspunkt unserer Tour. Die Bar am alten Bahnhof von Bot hat offen, so dass wir doch noch zu einem Bier und einem Sandwich kommen. Wir sind die einzigen Kunden, Köchin und Kellner beschäftigen sich mit einem Brettspiel, das nach “Mensch Ärgere dich nicht” aussieht.

Gebäude am Bahnhof von Bot

In der Nacht wird es extrem windig mit Böen bis zu 80 km/h. Leider bleibt es auch tagsüber so. Heute wollen wir in die andere Richtung, also erst bergab. Wir fahren nur ca. 5 km weit, denn zurück müssen wir bergauf und gegen den Wind. Dieser Teil der Strecke ist noch spektakulärer als die gestrige Tour und bietet Ausblicke in mehrere Schluchten. Wir fahren von der Via Verde aus hinunter in die Schlucht von Fontcalda, wo eine warme Quelle in das Flüsschen mündet. Im Sommer kann man hier sogar baden. Jetzt tun das nur die Wasserschlangen, von denen wir einige sehen. Auch hier wieder eine Kapelle (geschlossen) und ein Lokal (geschlossen).

An der Via Verde
Via Verde unterhalb von Bot
Schlucht von Fontcalda

Auf dem Rückweg macht Ulrikes Rad Probleme. Das Bedienteil schaltet sich immer ab und damit natürlich auch der E-Antrieb. Nicht schön, bei Gegenwind bergauf durch einen Tunnel zu radeln, ohne Licht und ohne Unterstützung. Nachdem am Campingplatz das Bedienteil über einen USB-Anschluss geladen wurde, funktionierte glücklicherweise alles wieder wie gewohnt.

Nachdem unser Campingplatz über einen Wäscheraum verfügt, es windig ist und die Sonne scheint, beschließt Ulrike am Nachmittag spontan, noch Bettwäsche zu waschen. Solch eine Gelegenheit muss man nutzen, wer weiß, wann sie sich wieder bietet.

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weiterweg und besichtigen unterwegs noch einige Sehenswürdigkeiten. Sowohl in Gandesa, als auch in El Pinell de Brai gibt es sogenannte Weinkathedralen im Stil des Modernismus. Um 1900 breitete sich die Reblaus auch nach Spanien aus und zerstörte die Weinanbaugebiete Kataloniens. Viele Weinbauern gaben auf und wanderten in die Großstädte ab. Die verbliebenen Bauern schlossen sich zu Kooperativen zusammen und versuchten mit amerikanischen Rebstöcken einen Neustart, der ihnen in der Kooperative auch gelang. Als Symbol des Aufbruchs wagten sie den Bau neuer Gebäude zur Verarbeitung und Abfüllung. Sie waren so fortschrittlich, diese Gebäude im Stil des Modernismus zu bauen. Cesar Martinell, ein Anhänger von Gaudi, war der Architekt von ca. 40 solcher Gebäude, sowohl in Gandesa, als auch im nahe gelegenen Pinell de Brai (1918). Leider kann man beide Gebäude in der Nebensaison nicht von innen besichtigen, aber zumindest von außen haben wir sie gesehen. Typisch für sie ist die Verbindung zwischen Zweckmäßigkeit, Nutzung lokaler Baustoffe und der Eleganz des Entwurfs!

Weinkathedrale in Pinell el Brai
Hauptpforte. Das Fries stellt Szenen der Wein und Olivenverarbeitung dar

Ein Besuch in Horta de San Juan und ein Picknick unter dem Berg Roques de Benet runden den Besuch der Terra Alta ab. In Horta de San Juan verbrachte Picasso 1898 als 16-jähriger bei der Familie eines Freundes mehrere Monate, um sich von einer Krankheit zu erholen. Später, im Jahr 1909, kehrte er nochmals zurück und malte hier mehrere Bilder, von denen heute einige in den bekanntesten Museen der Welt hängen. Er wohnte bei seinem zweiten Besuch am Platz aus dem Bild unten und brachte auch seine Freundin und eine Gruppe von Freunden mit. Deren lockeres Leben soll zu einigem Aufsehen bei den Dorfbewohnern geführt haben. Horta de San Juan muss damals ein ungeheuer abgelegener Ort gewesen sein.

Plaza Major in Horta de San Juan
Ausblick ins Tal von Horta aus, auf einem Bild von Picasso verewigt

Auf dem Weg zu unserem Tagesziel, dem Städtchen Albarracin fällt uns nahe Teruel ein Flughafen auf, an dem man mindestens 20, zum Teil richtig große Maschinen diverser Fluglinien (Lufthansa ist auch dabei) stehen sieht. Komischerweise gibt es keine Zufahrt und auch keine Abfertigungsgebäude. Google klärt uns auf, dass dieser Flughafen eigentlich keiner ist, sondern nur zum Abstellen nicht mehr benötigter Maschinen dient. Wahrscheinlich so lange, bis sie jemand kauft und wegfliegt!

Der Campingplatz in Albarracin ist richtig voll, viele junge Leute aller Nationalitäten. Und alle haben sie komische Matten dabei, auf denen sie sich vor ihren Zelten oder Wohnmobilen lagern. Wir werden von unseren Nachbarn aufgeklärt, dass die Gegend berühmt bei Boulderern ist und die Matten als Absturzsicherung dienen. Wir dagegen sind da, um den malerischen Ort zu besichtigen. Nachts wird es hier eiskalt, bei -1° lassen wir dann doch unsere Heizung laufen.

Blick auf Albarracin
Über viele Treppen geht es hinauf ins Dorf
Das Dorf dehnt sich auch zur anderen Seite hin aus
Peter am Plaza Major

Nach zwei Nächten ziehen wir weiter und fahren über viele kurvige Straßen und über zwei Pässe (über 1600 m Höhe) an der Quelle des Rio Tejo (oder Tajo) vorbei Richtung Cuenca. Der Rio Tejo wird von hier aus eine Strecke von über 1600 km zurücklegen, bevor er in Portugal bei Lissabon in den Atlantik mündet.

Quelle des Rio Tejo

Auf der Hochfläche der Sierra de Valcabras besichtigen wir noch die Ciudad Encantada. Das ist eine Gruppe von ungewöhnlich geformten Kalksteinfelsen in einem lichten Kiefernwald.

Ciudad Encantada
Ciuad Encantada
Peter stützt den Bogen

Da der Campingpatz 8 km weit außerhalb von Cuenca liegt, geht es am nächsten Tag mit dem Rad nach Cuenca. Ein Radweg führt immer am kräftig dahinströmenden Rio Jucar entlang.

Riu Jucar

In Cuenca geht es gewaltig bergauf ,denn die Stadt liegt hoch auf Felsen zwischen zwei Flüssen. Wir schließen unsere Räder am Gitterzaun des Paradors fest (tolle Lage, bester Blick auf die Stadt) und gehen über eine abenteuerliche Brücke hoch in die Stadt. Für Peter war das wegen seiner Höhenangst kein Genuß!

Brücke für Fußgänger vom Parador hinüber zur Stadt. Mit der Drohne aufgenommen.
Selfie von der Drohne aufgenommen
Die "hängenden" Häuser
Plaza Major
Kathedrale am Plaza Major

Die Kathedrale ist nicht geschlossen (!) und den Eintritt wert. So viel Kirche für so wenig Geld! Immer neue Räume tun sich auf, man könnte sich verlaufen in dieser riesigen Anlage.

Hauptaltar
Bereich hinter dem Hauptaltar
Sakristei
Moderne Fenster
Ausblick von der Terrasse hinter der Kathedrale
Blick auf den Parador auf der anderen Seite der Schlucht
Geschafft, wir sind wieder bei unseren Rädern! Nie wieder muss Peter über diese Brücke gehen

Am Abend wird der weitere Reiseplan aufgestellt. Eigentlich sollte es nun Richtung Süden und Andalusien gehen. Ulrike kommt zum Ergebnis, dass wir in ca. 10 Tagen in Granada sein könnten und versucht Tickets für die Alhambra zu buchen. Aber: Tickets gibt es erst wieder am 27.5., vorher ist alles ausgebucht. Gut, dass wir vor 40 Jahren schon dort waren! Damit ist Granada vom Tisch. Auch nicht schlimm, das spart uns den Trip in eine Großstadt. Granada wird einfach ersetzt durch das kleinere Toledo und so geht es als nächstes weiter durch Kastilien-La Mancha nach Westen, bevor es dann nach Süden und Richtung Andalusien gehen wird.

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4 Antworten

  1. Liebe Christine,
    die Routenverläufe unserer Reisen waren schon immer über das Hauptmenü erreichbar. Aber offensichtlich ist der link dahin doch nicht so klar zu finden. Ulrike hat deshalb am Ende der Berichte einen entsprechenden Link zu den Routenverläufen eingefügt. Danke für deinen Hinweis.
    Auch euch beiden noch eine gute Reise.

  2. Liebe Ulrike,
    hallo Peter,
    vielen Dank für die tollen Fotos.
    Könntet Ihr vielleicht den Routenverlauf einstellen?
    Das wäre prima. Ich wünsche Euch weiterhin eine gute Reise mit nur positiven Erlebnissen.

  3. Hallo Ihr Beiden,
    endlich Dronenbilder. Sehr schön. Man weiß viel zu wenig über Spanien!
    Mit Eurem tollen Bericht ist man fast dabei.
    Wenn wir mit Frankreich “durch sind” werden wir Euch vielleicht nacheifern. Am besten die Route nachfahren, oder?

    Wir haben im Moment einen Kälteeinbruch mit Nachtfrost, zeitweise viel Regen und Wind. Da habt Ihr es sichtbar besser.

    Grüße
    Horst

    PS – habe mir jetzt auch einen Dronen-Rücksack gekauft. Oder heißt es “Drohne”? Dieses English….

  4. Thank you Ulrike and Peter for one more documented journey.
    You do what the rest of us just talk about!
    Bengt

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