Unterwegs mit unserem Wohnmobil Balu

Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Durch Kastilien-La Mancha nach Andalusien

Kurz hinter Cuenca beginnt die Weite Kastilien-La Manchas. Keine Bergstraßen mehr, durch die Weite führen erst eine Autobahn, dann eine gut ausgebaute Nationalstraße. Am Abend essen wir im Restaurant vor dem Campingplatz mit Blick auf Toledo.

Am Morgen geht es mit dem Bus in die Altstadt von Toledo, die auf einem Berg hoch über dem Rio Tajo liegt.

Toledo mit Kathedrale und Alcazar
Brücke über den Tajo

Am Plaza Zocodover steigen wir aus und bewegen uns durch ein Gewirr enger Gassen, in denen auch noch Autos unterwegs sind. Als Fußgänger muss man immer wieder in einen Hauseingang ausweichen. Unser Besichtigungsprogramm ist nicht allzu lang: eine islamische, eine jüdische und eine christliche Kultstätte, passend zur Historie Toledos.

Gasse in Toledo

Toledo hat eine bewegte Vergangenheit. Zwischen 712 und 1085 erlebte es eine Blütezeit unter den Mauren, die den Kampf gegen die bis dahin in Spanien herrschenden Westgoten gewonnen hatten. Die jüdische Bevölkerung begrüßte die muslimische Herrschaft, da die Westgoten die jüdische Bevölkerung Toledos unterdrückt und verfolgt hatten. In der Folge entwickelte sich Toledo zu einem Zentrum jüdischer und muslimischer Gelehrsamkeit. Alfons IV eroberte 1085 Toledo zurück und brachte es unter christliche Herrschaft. An Stelle der Hauptmoschee entstand die Kathedrale. Bis 1561 blieb Toledo die Hauptstadt Spaniens. Toledo ist bekannt für die Kunst seiner Waffenschmiede und für den aus Kreta stammenden Maler El Greco, der hier von 1577 bis zu seinem Tod im Jahr 1614 lebte und arbeitete. Heute hat Toledo ca. 85.000 Einwohner.

Unser erstes Ziel ist die Mezquita del Cristo de la Luz, eine ehemalige Moschee (heute eine Kirche) aus dem 10. Jahrhundert mit hübschem kleinem Garten und Ausblick über die Stadt in Richtung Norden.

Mezquita del Cristo de la Luz

Als nächstes folgt die ehemalige Synagoge Santa Maria de la Blanca im ehemaligen jüdischen Viertel. Schöne Bögen im Inneren, aber wie schon bei der Mezquita ist eigentlich nur ein leerer Raum zu besichtigen.

Santa Maria de la Blanca
Santa Maria de la Blanca
Solche kleine Fliesen sind überall auf den Gehwegen im Jüdischen Viertel zu finden

Nachdem man in Toledo an El Greco nicht vorbeikommt, geht es noch in die Kirche Santo Tome, nicht wegen der Kirche, sondern wegen des El Greco Bildes „Begräbnis des Grafen von Orgaz“ im Vorraum.

4 Euro pro Person kostet der Blick auf diesen El Greco
Keramiken und Schwerter: für jeden ist etwas dabei!

Ab hier sind wir im Strom der Touristen angekommen, es gibt unzählige Geschäfte, die Schwerter, Messer aus Toledo Stahl, Toledo Schmuck, Marzipan und Andenken aller Art verkaufen. Viele Reisegruppen sind unterwegs, auch wieder welche aus China.

Vor dem Besuch der Kathedrale stärken wir uns mit einem Mittagessen auf einem netten Platz nahe der Synagoge. Die Stärkung war dringend nötig. Die Kathedrale ist nämlich riesig groß und geradezu überladen mit Seitenkapellen, Altären und Kunstwerken. Sie ist von der Grundfläche so groß wie ein Fußballfeld, das Dach ruht auf 72 Gewölbebögen, die sich auf 88 Pfeiler stützen.

Auf dem Weg zur Kathedrale
Kathedrale mit dem erzbischöflichen Palast
Hinter den Gittern liegt der Hauptaltar
Hauptaltar
Raum hinter dem Hauptaltar, rechts oben das Transparent
Transparent
Altar auf der Rückseite des Hauptaltars
Der Chor mit Chorgestühl und darüber die zwei Orgeln
Die Sakristei schmückt unter anderem ein El Greco
Im Kreuzgang
Blick aus dem Kreuzgang auf den Kirchturm
Diese Herrschaften findet man im Kreuzgang

Im Kreuzgang haben wir dann eine skurrile Begegnung. Hier sind seltsame übergroße Puppen abgestellt, die auf Räder montiert sind und innen Platz für eine Person haben, die die Figuren von innen schiebt. Offensichtlich kommen sie in irgendeiner Prozession zum Einsatz.

Gasse nahe der Plaza Zocodover mit Sonnenschutz

Unser Bus fährt hinter dem Alcazar ab, so dass wir diesen zu Fuß umrunden müssen. So sehen wir auch das Denkmal dahinter, das an eine wichtige Schlacht (Juli bis September 1936) im Spanischen Bürgerkrieg  erinnert.

Der Spanische Bürgerkrieg dauerte von 1936 und 1939. Rechtsgerichtete Gruppen (konservative Militärs und Katholiken, faschistische Falange) putschten unter General Franco gegen die demokratische gewählte Regierung der Zweiten Spanischen Republik (Republikaner). Die Putschisten wurden von Portugal, Deutschland und Italien unterstützt, die Republikaner von der Sowjetunion und den sogenannten internationalen Brigaden, bestehend aus Freiwilligen aus vielen Ländern. Man schätzt, dass in diesem Krieg eine halbe Million Menschen umkamen.

Toledo lag zwar im republikanischen Gebiet, der Militärgouverneur Toledos stellte sich aber auf die Seite Francos, nahm republikanische Geiseln und verschanzte sich mit 800 Mann im Alcazar. Die Festung wurde von den Republikanern bombardiert, es gelang ihnen aber nicht, sie zurückzuerobern. Franco zog nämlich Elitetruppen aus der Schlacht um Madrid ab, um die Aufrührer im Alcazar zu unterstützen und das ansonsten republikanische Toledo zu erobern. Bei der Einnahme Toledos gab es ein Massaker an republikanischen Soldaten, den Geiseln und an der Zivilbevölkerung (Quelle: Wikipedia). Unmittelbar nach Ende der Belagerung ließ sich Franko als Führer der Militärjunta ausrufen, was er auch bis zu seinem Tod im Jahr 1975 blieb.

Bürgerkriegsdenkmal am Alcazar

Alles in allem war Toledo schön, aber anstrengend.

Einen Zwischenstopp auf der Weiterfahrt am nächsten Tag machen wir in Consuegra, denn hier gibt es auf einem Bergrücken über dem Ort 12 Windmühlen und eine Burg, also konzentriertes Kastilien-La Mancha Erlebnis auf einem Fleck. Schließlich sind wir in der Heimat des in Figuren und Silhouetten allgegenwärtigen Don Quichotes. Wir erwischen einen günstigen Zeitpunkt zwischen der Abreise des einen Reisebusses voller Chinesen und der Ankunft des nächsten. Das hätten wir hier nicht erwartet. Aber die Windmühlen, der weite Blick in die fruchtbare Gegend und die Burg sind wirklich sehr schön, nur der Wind stört! Er pfeift uns um die Ohren und wird bei 16 Grad kalt empfunden.

Die berühmtesten Bürger von Kastilien-La Mancha
Consuegra, Burg und Windmühlen von der Drohne aus gesehen

Nun geht es Richtung Andalusien und zwar über kleine, aber gut ausgebaute Nebenstraßen durch eine wunderschöne Gegend. Leicht hügelig, intensive Landwirtschaft auf riesigen, bestens gepflegten Feldern aus roter Erde mit Oliven, Mandeln, Wein und Getreide. Nachdem wir uns bei den Mühlen länger aufgehalten haben, entschließen wir uns zu einer Zwischenübernachtung. Viele Möglichkeiten gibt es hier nicht. Unsere App nennt uns nur einen der Provinz gehörenden Platz bei einem Ort namens Terrinches. Rezessionen gibt es nur drei, zwei davon sagen, dass sie es nicht geschafft haben, den Automaten am Tor dazu zu bringen, selbiges zu öffnen. Wir fahren trotzdem hin und finden einen umzäunten, gepflegten Platz für 11 Wohnmobile unterhalb des 600 Einwohner zählenden Ortes vor. Wir schaffen es auch, unser Daten am Automaten einzugeben und die 6 € Gebühr zu bezahlen, so dass das Tor sich öffnet. Wir bleiben die einzigen Gäste, was angesichts der abgelegenen Lage nicht verwunderlich ist. Am Abend spazieren wir noch zur nahe gelegenen Kapelle und stellen fest, dass sich dort auch eine kleine Stierkampfarena befindet. Solche sind uns schon in mehreren Orten unterwegs aufgefallen, offensichtlich wird der Stierkampf in dieser Gegend selbst in kleinsten Orten sehr aktiv betrieben.

Stierkampfarena in Terrinches mit Kapelle
Terrinches und der Wohnmobilstellplatz
Die Drohne kommt näher
Und da sitzen wir beim Sundowner

Bei der Abfahrt haben wir dann ein Problem: das Tor öffnet sich nicht, weil wir im Bedienmenü versäumt haben, unser Nummernschild einzugeben. Nun erkennt uns die Kamera nicht und lässt uns nicht ausfahren. Was für eine blöde Situation: von einem Automaten festgesetzt auf einem Platz ohne einen menschlichen Verantwortlichen. Wir arbeiten uns nochmals durch das Menü und finden eine Hotline Telefonnummer, wo beim zweiten Versuch auch jemand antwortet. Der Herr ist für die ganze Provinz verantwortlich und kann uns das Tor in Terrinches von Ciudad Real aus öffnen.

Unser nächstes Ziel, der Naturpark Sierra de Cazorla entpuppt sich als schön. Allerdings ist die Straße, die durch ihn führt, extrem schmal und kurvig und stellt die Nerven von Fahrer und Beifahrer auf eine harte Probe. Bei jedem entgegenkommenden Auto bangen wir um unseren Rückspiegel und unsere Seitenwände. Den Stausee Embalse del Tranco überqueren wir auf der Staumauer, hier ist der Verkehr einspurig, geregelt durch eine Ampel. Der Stausee ist extrem leer, die Schwimmstege liegen weit, weit oberhalb der Wasseroberfläche.

Embalse del Tranco
Besonders schön sind hier die Bäume: große Zypressen und alte Kiefern

Wir kommen in der Mitte des Naturparks auf einem Campingplatz unter, der noch im Schlaf der Vorsaison ruht. Im Sommer ist der Park Sierre de Cazorla ein Hotspot des spanischen Tourismus. Hier kann man Natur erleben, klettern, Radfahren und wandern.

Auch wir wollen wandern und fahren dafür am nächsten Morgen weiter zum Besucherzentrum Rio Borosa. Es gibt einen riesigen Parkplatz und dort auch einen Bereich für Wohnmobile. Einige wenige Autos und drei Wohnmobile verlieren sich auf der nett gestalteten Fläche unter großen Bäumen. Wir parken direkt am Rio Borosa, denn wir wollen hier auch übernachten, was erlaubt ist. Es gibt sogar WLAN! Eigentlich stehen wir hier schöner als auf dem Campingplatz. Tagsüber und nachts singen die Nachtigallen.

Die Wanderung führt in die Schlucht des Rio Borosa und ist sehr schön.

Am Rio Borosa
Cerrada de Elias
Picknick am Fluss
Selfie mit der Drohne

Außer uns sind einige Schulklassen mit einem Guide vom Naturpark unterwegs. Wir stellen zum wiederholten Mal fest, dass spanische Schulen sehr ausflugsfreudig sind. Am Kloster Poblet, in Horta de San Juan, an Albarracin, in Toledo, hier (mindestens eine Stunde mühselige Anfahrt von der nächsten Stadt entfernt): die Schulklassen sind da!

Über schmale Straßen verlassen wir den Park Richtung Cazorla
Blick vom Pass aus zurück

Wir sind heilfroh, als wir am nächsten Tag unbeschadet den Park und die Berge verlassen und die hügelige Ebene um Jaen erreichen. Hier wachsen Olivenbäume bis an den Horizont, die ganze Gegend wirkt wie ein Schachbrett. 20% der Weltproduktion stammen aus dieser Gegend.

Als Kontrast zum gestrigen Tag wollen wir heute Baeza besichtigen. Baeza (16.000 Einwohner) und die etwas größere Nachbarstadt Ubeda sind Provinzstädte mit geschlossenen Altstadtensembles im Stil der Renaissance. Wir kommen auf dem kostenlosen Wohnmobilstellplatz der Stadt unter. Er ist zweckmäßig, d.h. liegt fußläufig zur Altstadt, aber hinter dem Busbahnhof, wo viel los ist. Nachts wird es aber tatsächlich ruhig.

Stierkampfarena von Baeza
Plaza de Santa Maria
Kathedrale
Peter wartet im Kreuzgang, während Ulrike den Turm ersteigt
Toller Blick, aber nichts für Leute mit Höhenangst
Uralte Bücher in der Sakristei
Palacio de Jabalquinto

Wir erkunden die Stadt, besichtigen die Kathedrale, Ulrike besteigt den Turm und bewundert die tolle Aussicht. Am Hauptplatz kehren wir in einer Konditorei ein, abends kommen wir auch wieder hierher zum Essen. Baeza ist schön, aber Cuenca, Albarracin und Toledo haben uns besser gefallen.

Nachdem das Wetter am nächsten Tag sehr schlecht prognostiziert ist, fahren wir am Morgen 30 km weiter zum einzigen Campingplatz der Gegend. Er liegt wunderschön mit Blick auf die mit Oliven bewachsenen Hügel, die Berge der Sierra Almaden und die weißen Dörfer an ihren Hängen. Klingt schön, leider ist der Ausblick mit Thujahecken zugewachsen und der Platz recht rustikal. Aber es gibt Duschen, Waschmaschinen und WLAN, was will der Reisende mehr!

Blühende Olivenplantagen im Nieselregen
Blick vom Campingplatz

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2 Antworten

  1. Hallo ihr zwei,
    Danke für den netten Reisebericht und die tollen Fotos.
    Toledo hat uns auch besonders gut gefallen.
    Herzliche Grüße von unserer Panamerica Tour, zur Zeit in Mexiko, Ingrid und Manfred

  2. Hallo Ihr Zwei,
    Das klingt nach einer sehr bewegten Reise. Vielen Dank für die sehr schönen Fotos.
    Ich wünsche Euch weiterhin nur positive Erlebnisse.
    Liebe Grüße Christine
    (wir sind auf der Heimreise.)

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