Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Die verschiedenen Gesichter Andalusiens

Nach der Besichtigung der Stadt Baeza lassen wir und für zwei Tage in der Sierra Almaden nieder.

Auf dem abgelegenen Campingplatz  ist außer uns niemand, der waschen will, so dass wir die Waschmaschine nach Belieben nutzen können. Der Plan war, die Wäsche in die Sonne zu hängen und dann auf eine Radtour aufzubrechen. Leider bewölkt sich der Himmel zusehends und es wird windig. Also ab in den Trockner mit dem Großteil der Wäsche. Der Rest wird im Balu aufgehängt.

In der Sierra Almaden gibt es viele Olivengärten
Das Ziel unserer Fahrradfahrt: das Dorf Albanchez de Magina

Wir fahren über Feldwege in den nächsten Ort namens Albanchez de Magina (1000 Einwohner). Aus der Ferne wirkt das Dorf romantisch, weiße Häuser hoch droben am Berg mit Burg und Felsen. Aus der Nähe ist alles eher einfach. Der Dorfplatz ist bescheiden, aber es gibt eine gut besuchte Bar. Dort kehren auch wir ein, trinken ein Bier und essen etwas. Die typische Ausgehkleidung für die Männer in der Bar scheint eine schlabberige Jogginghose zu sein, dabei ist heute Sonntag.

Die Bar Rubicon am Dorfplatz von Albanchez mit der Burg über dem Dorf
Hauptdurchgangsstraße durch den Ort: nicht geeignet für Wohnmobile

Es wird zunehmend kälter und wir kommen gerade noch vor dem Regen heim. Trotz des eher schlechten Wetters finden wir es in der Sierra Almaden besonders schön.

Am nächsten Morgen geht es weiter nach Guadix. In der Gegend um die Stadt gibt es weichen Kalktuff und Lössgestein, das in interessanten Formen erodiert ist und in das die Menschen sich Wohnungen gegraben haben. In Guadix gibt es ein ganzes Viertel mit heute noch bewohnten Höhlenwohnungen. Der Vorteil der Höhlenhäuser ist, dass sie immer angenehm temperiert sind: kühl im hier sehr heißen Sommer und warm im Winter.

Platz in Guadix mit Turm der Kathedrale
Blick vom Höhlenviertel auf Guadix
Die Schornsteine und die Fassaden am Eingang der Höhlen schauen aus den Hügeln heraus
Im Inneren einer Höhlenwohnung: die Fenster sind nur Attrappe

Unseren Übernachtungsplatz finden wir in einem Nachbartal auf dem (kostenlosen) Stellplatz des kleinen Ortes Marchal. Auch hier gibt es ein Höhlenviertel, das wir erkunden, bevor uns der Regen zum Auto zurücktreibt. Die Aussicht vom Höhlenviertel ist schön, man blickt auf die weißen Gipfel der Sierra Nevada.

Das Örtchen Marchal vor den verschneiten Bergen der Sierra Nevada
Auch hier Höhlenwohnungen
Blick auf die Sierra Nevada, rechts Höhlen im Berg
Mit der Drohne sind die künstlichen Höhlen deutlicher zu sehen

Am nächsten Morgen ist das Wetter besser, so dass wir beschließen über den 2000 m hohen Pass Puerto de la Ragua auf die andere Seite der Sierra Nevada zu fahren. Auf dem Weg kommen wir an der toll gelegenen Festung La Calahorra im gleichnamigen Ort vorbei.

La Calahora von der Drohne aus gesehen
La Calahora mit Sierra Nevada
Ausblick von der Paßstraße

Die Passstraße ist deutlich besser ausgebaut, als wir gedacht haben. Oben am Pass machen wir Rast, nehmen unser Essen aber lieber im Auto zu uns. Es ist kalt und es finden sich noch einzelne Schneereste. Die Hütte ist leider noch geschlossen, nicht mal einen Kaffee bekommt man. Angesichts der Parkplätze und der vielen Picknicktische kann man schließen, dass die Passhöhe im Sommer ein äußerst beliebtes Ziel sein muss. Wahrscheinlich, weil es hier schön kühl ist!

Die dem Meer zugewandte Seite der Sierra Nevada ist wesentlich steiler als die nördliche Seite. Wir übernachten in einem kleinen Ort namens Laroles auf 1160 m Höhe. Der Ort klebt am Hang, jedes Haus hat beste Aussicht ins Tal, weil das Dach des Nachbarn unterhalb des eigenen Erdgeschosses liegt. Trotzdem haben sie es geschafft, ein öffentliches Schwimmbad unterzubringen. Uns ist schon häufig aufgefallen, dass kleine Orte (deutlich kleiner als Uttenreuth) über eigene Schwimmbäder verfügen. Diese sind einfach und klein, aber sie sind vorhanden! Da kann Neid aufkommen! Ebenfalls interessant ist, dass viele der per Straße zeitaufwändig zu erreichenden Bergdörfer einen Hubschrauberlandeplatz haben, sicherlich gedacht für medizinische Notfälle.

Der Campingplatz ist einfach, aber gepflegter als viele andere, die wir bislang erlebt haben. Sein sehr sympathischer Besitzer spricht gut Englisch (große Ausnahme!) und berät jeden der fünf Übernachtungsgäste, die er an diesem Tag hat ausführlich. Das Bezahlen dauert also sehr lange. Ulrike hört erst einer Beratung über Granada zu (keine Hunde im Bus erlaubt, Gärten der Alhambra ohne vorgebuchtes Ticket zugänglich, beste Bar, bester Punkt für den Sonnenuntergang etc.) und bekommt dann eine über die Ziele entlang unserer Route bis hinunter an die Küste bei Tarifa. Alles wird schriftlich auf einer Karte vermerkt, damit man es nicht vergisst! Der Mann kennt sich bestens in der ganzen Provinz aus und brennt für seine Heimat.

Im Dörfchen rechts oben in den Bergen haben wir übernachtet

Wir fahren unzählige Kurven hinunter bis zu einer Straße auf halber Höhe der Alpujarras, die laut Campingplatzbesitzer viel besser ausgebaut ist als die Bergstraße weiter oben. Bei den tiefhängenden Wolken stellt sich das als gute Wahl heraus, auf der oberen Straße wäre man in den Wolken gefahren. Landschaftlich schön ist auch diese Strecke! Alles in allem empfinden wir aber die steilen Berghänge der Alpujarras eher als einengend.

Dorf in den Alpujarras

Wir legen heute einiges an Distanz zurück, was dank der Autobahn ab Granada auch gut machbar ist. Unser Ziel ist Antequera, bzw. der nahe gelegene El Torcal Naturpark in den Bergen oberhalb der Stadt. Problematisch ist, dass es dort nur einen ziemlich kleinen Parkplatz gibt, man aber auch nur mit dem Auto dorthin kommt. Nachdem es bereits später Nachmittag ist, versuchen wir unser Glück und fahren hoch. Die Rechnung geht auf, wir finden einen Platz für Balu und können zu der 4 km Tour durch die Felsen aufbrechen. 4 km hört sich wenig an, aber der Weg führt durch äußerst unwegsames Gelände. Wir brauchen fast 2h dafür. Es ist kalt und windig und wir bereuen, dass wir unsere Handschuhe nicht mitgenommen haben.

Die Felsen von El Torcal von der Drohne aus. Man sieht zwei Menschen zum Größenvergleich
Malaga und das Mittelmeer, von El Torcal aus gesehen

Zurück bei Balu stellt sich die Frage, wo wir die Nacht verbringen können, denn einen Camping oder Stellplatz gibt es in der Nähe nicht. Oben am Parkplatz zu übernachten, ist verständlicherweise verboten. Wir fahren also zurück und entschließen uns, auf einem Parkplatz auf halber Höhe zu bleiben. Das ist zwar ebenfalls nicht erlaubt, erscheint uns in der Nebensaison aber akzeptabel. Im Sommer fährt von hier aus ein Shuttlebus nach oben. Da dieser noch nicht fährt, wird der Parkplatz auch nicht benutzt. Wie immer wenn wir nicht auf einem Campingplatz stehen, installieren wir unsere Hundeattrappe: eine Leine am Rückspiegel und einen Wassernapf neben dem Auto.

Wir sind beide der Meinung, dass die Parkverwaltung lieber etwas Eintritt verlangen und den Shuttle ganzjährig betreiben sollte. Angesichts der Zufahrt und der Parksituation wäre dies eine überaus sinnvolle Lösung. Die Straße verläuft über weite Strecken am Abgrund und ist so schmal, dass schon die Begegnung zweier PKWs ein Problem ist, nicht zu reden von Wohnmobilen.

Nach einer windigen, ansonsten aber ruhigen Nacht fahren wir zurück nach Antequera und besichtigen die Dolmengräber aus der Jungsteinzeit, die es dort gibt. Der Eintritt ist kostenlos, es gibt ein modernes, ganz neues Museum und man kann in die Dolmen hineingehen.

Museum in Antequera. Die Dame scheint typisch für die Steinzeit zu sein
Eingang zum Dolmen
Wie nur haben sie diese großen Platten an Ort und Stelle gebracht?
Blick auf den Berg namens "Schlafender Maure"

Antequera hat auch eine Festung und eine schöne Altstadt, zeichnet sich aber noch durch eine weitere Besonderheit aus. Es ist neben Madrid seit 2023 die einzige Stadt in Spanien mit zwei Bahnhöfen für Hochgeschwindigkeitszüge. Man kommt aus der 40.000 Einwohner zählenden Stadt in 2.5 Stunden nach Madrid, in 6 Stunden nach Barcelona und in Granada und Malaga ist man in 30 Minuten. Es gibt täglich 22 Stopps von Hochgeschwindigkeitszügen. Das ist für eine Kleinstadt auf dem Land ohne erkennbare lokale Industrie (außer der Olivenölabfüllung) erstaunlich.

Einen Zwischenstopp legen wir an der Lagune von Fuente de Pedra ein. Die Lagune ist Andalusiens größter natürlicher See, hat aber keinen Abfluss und somit einen ziemlich hohen Salzgehalt. Hier liegt der größte Brutplatz von Flamingos in Europa. Am Besucherzentrum angekommen, müssen wir aber leider feststellen, dass der See fast kein Wasser mehr führt, wohl eine Folge der großen Dürre in Andalusien. Die Flamingos sind zwar zu sehen, aber selbst mit dem Fernglas nur als Punkte in weiter Ferne. Der Abstecher war also den Umweg nicht weg.

Ohne Peters Drohne hätten wir uns mit diesem Blick auf einen Flamingo begnügen müssen
Es gibt doch Flamingos!

Ronda, unser nächstes Ziel erreichen wir auf guter Straße durch schöne Landschaft schnell. Am Straßenrand blühen Blumen in den verschiedensten Farben und in einer Anordnung, wie in einer von einem Landschaftsgärtner gestalteten Rabatte. Am Campingplatz sind wir etwas geschockt, weil der nämlich um vier Uhr bereits voll ist. Wir kommen aber im zugehörigen Wohnmobilstellplatz unter, mit der Option am nächsten Morgen umziehen zu können. Wir trösten uns mit einem leckeren Essen mit Vor- und Nachspeise.

Wir bleiben zwei Tage auf dem sehr schönen Campingplatz. Die Altstadt von Ronda ist mit dem Rad gut zu erreichen und wird von uns in aller Ruhe erkundet.

Eines der Stadttore auf der Seite der Stadt, wo eine Mauer notwendig war, weil es keine Schlucht gibt
Kirche am Rathausplatz
Peter mit seinem Rad in einer typischen Gasse

Was Ronda auszeichnet, ist seine Lage hoch oben auf den Felsen mit weitem Blick in alle Richtungen. Die Stadt wird außerdem durch eine 120 m tiefe Schlucht geteilt, die die Neustadt aus dem 15. Jh von der Altstadt aus der Zeit der maurischen Herrschaft trennt. Es geht bergauf und bergab durch die Gassen und zu den verschiedenen Aussichtspunkten.

Blick von der Puente Nuevo auf die Tajo Schlucht und einen der Aussichtspunkte
Rechts die Altstadt, links die Neustadt

Im Palast des Rey Moro gibt es eine Treppe, die hinunter auf das Niveau des Flusses führt. Über diese Treppe mussten zur Maurenzeit Sklaven das Wasser nach oben schleppen.

Über 230 Stufen geht es hinunter durch feuchte Gewölbe
Unten in der Schlucht
Im Garten des Palastes
Arco de Felipe V. Zu maurischer Zeit war hier der Eingang zur Stadt
Im Badehaus aus der Maurenzeit
Auf der alten Brücke
Park in der Neustadt
Auch vom Park aus blickt man in die Tiefe

Ronda ist bekannt für seine Stierkampfarena aus dem Jahr 1784, die eine der ältesten Spaniens ist. Und wie die Leute aus Ronda meinen ist sie die schönste und die komfortabelste, weil sie komlett überdacht ist. Die Stiere sind wahrscheinlich anderer Meinung.

 
Berühmte Toreros
Stier vor der Arena
Aus der Sicht eines Toreros, der sich hinter der Abtrennung in Sicherheit gebracht hat
So machte man sich fein, wenn man zum Stierkampf ging
Die 98 m hohe Puente Nuevo, fertiggestellt 1793
Und gesehen von der Drohne auf Höhe der Brücke
Modernes Ronda: vor jedem Haus ein Auto

Ronda ist wirklich sehenswert, dementsprechend viele Touristen sind in der Stadt unterwegs. Das Wetter ist mittlerweile auch wärmer geworden so dass wir die warmen Jacken endlich zur Seite legen können und nachts nicht mehr heizen müssen.

Nach Ronda geht es über eine (vorerst) letzte Bergstraße hinunter an die Küste. Von unterwegs sehen wir abgelegene weiße Bergdörfer und haben einen wunderbaren Blick auf die Felsen von Gibraltar und die Berge in Marokko.

Bergdörfer
Blick auf den Felsen von Gibraltar und die Berge in Marokko

Wir fahren an Tarifa vorbei an die Costa de la Luz, genauer in den kleinen Ort Canos de Meca am Kap Trafalgar. Vor dem Kap fand 1805 die Seeschlacht zwischen den Briten und den Verbündeten Frankreich und Spanien statt, die mit dem Sieg der Briten endete. Dies setzte Napoleons Plänen, den Ärmelkanal unter seine Hoheit zu bringen ein Ende und führte zur 100-jährigen Vorherrschaft der Briten zur See. Lord Nelson kam dabei ums Leben, bekam aber als posthume Würdigung ein Denkmal in Form einer Statue auf einer Säule auf dem nach der Schlacht benannten Trafalgar Square.

Kap Trafalgar mit seinem Leuchtturm

Wir bleiben zwei Nächte, erkunden das Kap und machen eine schöne Wanderung entlang des Küstenpfades im Naturpark La Brena  zu einem Wachturm aus dem 16. Jahrhundert, von dem aus Ausschau nach Piraten gehalten wurde. Der Ort Canos de Meca bietet unglaublich schöne Strände und ist im Vergleich zur Mittelmeerküste quasi unerschlossen. Jetzt in der Vorsaison ist es sehr ruhig hier.

Im Naturpark La Brena
Blick vom Küstenpfad auf das Kap
Schöne Buchten, kaltes Wasser
Das Ziel unserer Wanderung: Torre del Tajo, von der Drohne aus gesehen

4 Antworten

  1. Wieder ein toller Bericht über eine spektakuläre Landschaft. Beim Lesen kommt Reiselust auf. Ich bin gespannt auf die Fortsetzungen. Euch wünsche ich eine glückliche Weiterreise.
    Viele Grüße
    Gerd

  2. Das ist wieder ein sehr interessanter Reiseabschnitt. Die Fotos gefallen mir sehr gut. weiterhin gute Reise!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert