Unterwegs mit unserem Wohnmobil Balu

Die Welt ist zu schön, um darüber hinweg zu fliegen

Entlang dem Kaspischen Meer

Tag 021 (3.12.)

Unsere erste Nacht in Baku ist recht unruhig, da wir Winde mit Böen bis 9 Beaufort hatten. (Skala von 1-12, 12 ist Orkan).

Unser Balu hat sich ganz schön geschüttelt. Gegen Morgen wurde es dann etwas ruhiger, glücklicherweise hält diese Windruhe (keine Windstille) auch tagsüber während unserer Stadtführung an. Die mächtigsten Gebäude der Stadt sind die 3 Hochhäuser in Flammenform. Drei Flammen sind auch das Wahrzeichen der Stadt Baku und des Landes Aserbeidschan (=Land der Feuer). Insbesondere in der Nacht bieten diese drei Türme ein Lichterspektakel. Verschiedene Motive werden durch in die Fassade integrierte Lichter dargestellt.

Einmal leuchtet jeder Turm in einer der Landesfarben (rot, grün, blau), dann sehr patriotisch ist die Grundfarbe weiß und Fahnenträger schwenken riesige Flaggen, dann stellt jeder Turm eine rot/gelb lodernde Flamme dar oder funkelt in blau.
Das kann man eigentlich nur im Video abbilden – haben wir aber nicht ;-).

Die Altstadt von Baku mit ihren engen Gassen ist klein und total überrenoviert. Der Charakter einer alten Stadt ist dabei verloren gegangen. Die alten Holzbalkone erstrahlen in hellem Holz und passen irgendwie stilistisch nicht dorthin. Der alte Shah-Palst ist auch größtenteils wiederaufgebaut und wirkt recht nüchtern und wenig prunkvoll.
Allerdings gönnt sich auch diese Stadt unendliche Prunkbauten.
Das riesige Heydar-Aliyev-Kulturzentrum, erbaut von der Irakisch-Britischen Architektin Zaha Hadid, daneben dann der Trump-Tower.

Insbesondere an der Promenade werden riesige Bauten aus dem Boden gestampft. Ein riesiges Einkaufszentrum in Form einer Blume, der Oper von Sidney nachempfunden.

Oberhalb der Stadt erstreckt sich der ehemalige Kirov Park, heute heißt er „Allee der Märtyrer“. Dort sind ähnlich wie in Kiew am Maydan die Toten beerdigt, die im schwarzen Januar 1990 während Demonstrationen durch Sowjetsoldaten ums Leben gekommen waren.

Dort befindet sich auch am Ende das Shahidlar Monument, Bögen in alle 4 Richtungen, in der Mitte eine riesige Gasflamme als ewiges Feuer. Von hier oben hat man einen schönen Blick auf die Stadt.

Dort verbringen wir unsere Mittagspause, essen sehr gut iranisch und schlendern dann über einen Weihnachtsmarkt. Auch in einem islamischen Land kann es einen Weihnachtsmarkt geben!

Direkt hinter unserem Stellplatz auf dem „National Flag Square“ befindet sich ein riesiges quaderförmiges Gebäude. Es hat große breite Treppen nach allen 4 Seiten und erinnert an eine oben abgeflachte aztekische Pyramide. Es wird rund um die Uhr bewacht und die Treppen sind abgesperrt. Dort darf nur der Staatspräsident oder aber offizielle Staatsgäste die Treppen hinauf oder hinunter schreiten. Ehemals stand darauf ein 162 m hoher Fahnenmast mit der drittgrößten Fahne der Welt (2450m²).

Allerdings hatten die Architekten die Statik nicht im Griff und der Mast drohte bei Sturm umzukippen. Erst wurde die Fahne entfernt und gerade im letzten Jahr hat man auch den Mast abgetragen. Ein kleines Stückchen daneben wurde 2012 in der „Crystal Hall“ der „Eurovisions Contest“ abgehalten. Nachdem sich entschied, dass dieser Wettbewerb nach Baku gehen würde, wurden auf der Halbinsel die kleinen Häuschen abgerissen und die Bewohner zwangsenteignet. Ein Mäzen finanzierte das und in nur 7 Monaten Bauzeit wurde dieser Komplex für 120 – 140 Millionen Euro mit 3 Wochen Verspätung fertig gestellt. Gebaut wurde das Gebäude von der Alpine Bau Deutschland AG. Die Architekten kamen aus Hamburg. Es scheint doch schneller zu gehen als beim BER 😉
Laut Human Rights Watch fanden manche der Zwangsräumungen ohne Vorwarnung in der Nacht statt, es wurden keine Entschädigungen gezahlt.
Man besitzt also ein Häuschen auf einer kleinen Halbinsel mit Meerblick und am nächsten Morgen kannst du sehen wo du bleibst

Tag 022 (04.12.)

Heute geht es zur Übernachtung nach Lenkoran, kurz vor der Grenze zum Iran.

Auf dem Weg dorthin ergibt sich die Möglichkeit am Wegesrand die Petroglyphen in Qobustan zu besichtigen. Der Sachverhalt und die Geschichte der Petroglyphen werden in einem sehr modernen Museum dargestellt. Nach dem Besuch des Museums geht es dann nochmals mit dem Fahrzeug den Berg hinauf, um dann die Felsritzungen in Natura besichtigen zu können. Von dort oben hat man einen weiten Blick auf die Ölbohrinseln im kaspischen Meer die für den Reichtum des Landes Aserbeidschan sorgen. Hubschrauber fliegen ständig entlang der Pipelines und überwachen diese. Hinter uns landeinwärts liegt eine typische Steppenlandschaft.

In Lenkoran beziehen wir unseren Stellplatz direkt neben einem Hotel am Kaspischen Meer. Leider fängt es in der Nacht an sehr stark zu regnen, sodass wir aufgrund des lauten Prasselns, bzw. der dicken Tropfen aus den Bäumen kaum zum Schlafen kommen.

Tag 023 (05.12.)

Grenzübertritt in den Iran

Am frühen Morgen brechen wir auf, um die letzten Kilometer zur Grenze zurückzulegen. Wir sammeln uns auf einem Parkplatz direkt vor der Grenze in Astara. Dort wird sehr schnell die Polizei auf uns aufmerksam und es kommen unablässig Polizeifahrzeuge, um uns zu begutachten. An der Grenze erlebe ich es zum ersten Mal, dass man ein Auto auch gründlich untersucht, wenn man das Land verlässt. Die Zöllner sind offensichtlich erst durch uns geweckt worden– dementsprechend war ihre Laune. Wieder einmal geht die Abarbeitung völlig planlos vonstatten. Man schaut in die Wohnmobile, wir werden gefragt ob wir eine Drohne hätten, usw..
Im Niemandsland noch schnell die Zeit wieder eine halbe Stunde zurückgestellt. Iran ist nur 2,5 Std voraus. Ab sofort müssen sich die Frauen der Kleidungsordnung der Shariah unterwerfen und das Kopftuch kommt zum Einsatz.

Ich werde mich jetzt nicht in Einzelheiten ergehen, außer dass der gesamte Bereich der Fahrzeugabfertigung aus bröckelnden Straßenbelägen mit tiefen Löchern besteht. Da es ja seit der Nacht kontinuierlich weitergeregnet hat, ist das gesamte Gelände ein See. Die Löcher sind voller Wasser und man hat keine Ahnung, wie tief sie sind. Einmal ist mir das Risiko zu groß und ich sondiere erst einmal die Tiefe, bevor ich unseren Balu durch die Löcher bugsiere. Unser Fahrzeug wird diesmal nicht von einem Uniformierten, sondern von einem zivil gekleideten „Man in Black“ inspiziert. Er kommt mit Schirm zu unserem Fahrzeug und stellt diesen auf dem Boden ab. Vor dem Betreten von Balu zieht er sich vor dem Fahrzeug die Schuhe aus (es regnet heftig!) und steigt ein. Er macht diverse Klappen auf, sieht in die Schränke, ist aber nach kurzer Zeit fertig. Wir werden natürlich nach Alkohol gefragt und auch ob wir Walkie-Talkies dabei hätten.
Danach wirft er noch einen Blick in die Garage, legt mir dann seine Händen auf die Schultern, sieht mir in die Augen und sagt „Thank you, welcome to Iran“

Wir haben leider dann als Gruppe doch noch ein Problem, welches uns eine zusätzliche Wartezeit von ca. 2 Std. beschert. Einige Wohnmobile haben Satellitenschüsseln auf dem Dach. Aufgrund der momentanen Situation im Iran gefällt dies dem Bearbeiter an der Grenze nicht und er holt erst die Genehmigung des Innenministeriums ein, dass diese Fahrzeuge ebenfalls in den Iran dürfen. Seltsamerweise passieren wir dann die iranische Grenze, ohne einmal mit unserem Paß verglichen zu werden oder das Fahrzeug verlassen zu müssen. Pässe und Carnet wurden eingesammelt und das war es.
Nun stehen wir wenige Kilometer hinter der Grenze in Astara auf dem Parkplatz eines recht guten Hotels.
Wir sind heute zu Millionären geworden. Für 50 Euro bekamen wir 6.500.000 Iranische Rial. Es wird empfohlen das Geld nur in kleinen Chargen zu wechseln, da der Kurs täglich besser wird. Vor 3 Tagen 1:130000, heute bereits 1:137000
Unser Abendessen hat für 2 Personen inkl. Trinkgeld 6,50 Euro gekostet.
Tanken soll im Iran ebenfalls ein kleines Abenteuer sein, aber dazu kommen wir, wenn es soweit ist.

Tag 024 (06.12.)

Immer parallel zur Küste fahren wir heute nach Bandar Anzali, unserem letzten Stopp am kaspischen Meer. Bei der Fahrt war höchste Aufmerksamkeit nötig, denn es gibt sehr viele „sleeping policeman“, also künstlich angelegte Bodenwellen, um einen dazu zu bringen langsam zu fahren. Sie sind nicht immer angekündigt oder markiert, also ist höchste Aufmerksamkeit von Fahrer und Beifahrer gefordert.
Zwischenzeitlich reichen die Berge direkt bis zur Straße. Es war gerade „Indian Summer“ im Iran. Tolle Laubfärbung, von der wir leider nur sehr wenig sehen konnten, da sich die Berge selber in den Wolken versteckten. Teilweise verläuft die Straße zwischen Reisfeldern, die zurzeit von Enten und Gänsen genutzt werden. Ebenso gibt es riesige Anpflanzungen von Kiwi.
Auch heute wieder Kühe und auch Pferde freilaufend auf dem Mittelstreifen der 4-spurigen Landstraße.

Entlang der Straße gibt es viele Obsthändler, die ihre Ware am Straßenrand vom Kleinlaster aus anbieten. Dank unseres günstigen Umtauschkurses erstehen wir viel Obst für kleines Geld.

Der Stellplatz heute ist ein sogenannter „beach park“ direkt am Strand. Jetzt in der Nachsaison und bei Nieselregen wirkt alles etwas marode. Das Meer ist grau und die Brandung hoch.

Eventuell hat der eine oder andere von euch schon festgestellt, dass die Ortsnamen der Landkarte für den Routenverlauf nun endlich auch für einen normalen Mitteleuropäer lesbar sind. Ulrikes Cousin Jakob, der im übrigen auch die Webseite auf seinen Servern hostet, hat sich die Mühe gemacht diese Darstellung für uns zu optimieren. Vielen Dank Jakob

Morgen werden wir dann auf dem Weg nach Teheran das kaspische Meer hinter uns lassen.

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7 Antworten

  1. Liebe Ulrike,
    lieber Peter,
    Wir reisen im kopf mit und lernen orte kennen, deren namen wir bisher nie gehört hatten.
    Und lernen, dass es ausserhalb unserer erfahrung modernstes leben gibt, von dem wir auch nichts wussten…
    Vielen dank für Eure berichte und alles gute für Euch,
    Mit herzlichen grüssen,
    s und g

  2. Uns scheint, Eure Segler-Parkas kommen voll zum Einsatz. Dabei wolltet ihr doch diesmal keinen Törn machen 😉
    Gute Reise und weitere spannende Berichte wünschen wir Euch und uns
    Roland und Corinna

  3. Liebe Ulrike und lieber Peter,
    vielen Dank für euren ausführlichen und interessanten Reisebericht.
    Wir wünschen euch eine gute Weiterfahrt und weiterhin schöne Erlebnisse.
    Viele liebe Grüße
    Elisabeth und Thomas

  4. Hallo ihr Zwei,

    auch wir verfolgen jedesmal mit Spannung, was ihr so neues erlebt. Abenteuer statt dunkle Abende 😉

    Viele Liebe Grüße in den fernen Osten senden euch

    Birgit, Jürgen, Mavri, Kiki, Aris, Lykos, Lisa und Clara

  5. Keep em coming.
    Danke für die Reiseberichte 🙂 Zuhause ist alles in Ordnung.
    Gute Fahrt weiterhin!
    Liebe Grüße,
    Justus & Melissa

  6. Liebe Ulrike, lieber Peter,
    von Anfang an verfolge ich eure abenteuerliche Reise und bin sehr beeindruckt, dass ihr so etwas wagt. Danke auch fűr die schönen und interessanten Fotos. Ich freue mich immer wieder auf eure nächsten Berichte, um so mehr, weil ich so eine Reise niemals wagen wűrde. Weiterhin alles Gute und noch viele interessante Erlebnisse, Irmgard u. Manfred

  7. Es ist sooooo aufregend, was ihr erlebt. Ich zittere wenn ich mir vorstelle, was da alles schief laufen kann. Aber ihr habt das alles so perfekt vorbereitet.
    In Gedanken reisen wir mit euch!
    Passt gut auf euch auf und wenn ihr wieder Zuhause seid, werdet ihr sicher ein Buch schreiben oder zumindest einen tollen Vortrag über diese Reise halten.
    Viele Gedanken reisen mit euch!!!!
    Inge

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